Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 481

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 481 (NJ DDR 1989, S. 481); Neue Justiz 12, 89 481 in der DDR beachtliche Erfolge gab, auf die aufgebaut werden kann. 2. Es wurde jedoch zugelassen, daß mit Begriffen Wie „sozialistische Demokratie“ und „sozialistische Rechtsstaatlichkeit“ vielfach selbstzufrieden umgegangen wurde, ohne sie ausreichend mit Leben zu erfüllen. Es muß erreicht werden, daß das Wort „sozialistisch“ vor solchen Begriffen nicht länger .als Einschränkung, sondern als Erweiterung verstanden und empfunden wird. ' Zur Rechtsstaatlichkeit gehören das ihr entsprechende Reohtsbewußtsein, die richtigen Gesetze und die Achtung der Autorität des Rechts durch jedermann. 3. Ein Mangel bei der Formulierung von Bürgerrechten besteht darin, daß sie nicht unabdingbar genug formuliert wurden. Zu oft gibt es in unseren Rechtsvorschriften diesbezüglich Einschränkungen. Auch bei der Verantwortlichkeit der Bürger nach dem Strafrecht und dem Ordnungsstrafrecht gibt -es zu viele Formulierungen, die fast beliebig auslegbar sind und dadurch zu Rechtsunsicherheit führen. 4. Es gab in Einzelfällen Verletzungen der Unabhängigkeit der Richter. Bis in die Gegenwart spüren wir mit höheren Gerichten abgestimmte Urteile, die dem Ansehen der Rechtspflege Schaden zufügen. Einige Personen in Funktionen glaub-ten, sich in die Rechtsprechung einmischen zu dürfen. Das ist in Zukunft auszuschließen. Es muß gewährleistet werden, daß das Gericht von jedermann als höchstes Organ der Rechtspflege respektiert wird. Es ist deshalb wichtig, die Autorität und das Ansehen der Richter spürbar zu erhöhen. Die Rechtsprechung muß sich vom Einfluß der Tagespolitik befreien. 5. Bei der Anwendung des § 213 StGB gab es in letzter Zeit vielfach eine Verletzung der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz, weil den einen Straffreiheit garantiert wurde, während andere, die einen ungesetzlichen Grenzübertritt versucht hatten, zur. Verantwortung gezogen worden sind. Wir sind der Meinung, daß dies hätfe vermieden werden können, wenn von den Rechtspflegeorganen entsprechend den Anträgen der Verteidiger in allen diesbezüglichen Verfahren gemäß § 25 StGB von Strafe abgesehen worden wäre. 6. Die Rechtsanwaltschaft der' DDR Hat ihren Auftrag gegenüber den Mandanten stets sehr ernst genommen und spürt deshalb auch gegenwärtig das Vertrauen der Bürger. Selbstkritisch müssen wir jedoch feststellen, daß wir bestimmte Fehlentwicklungen seit Jahren kannten, ohne öffentlich gegen sie vorzugehen. Die Mitglieder des Rates treten für den Ausbau der Rechtsordnung und die Erhöhung der Rechtssicherheit in der DDR ein und unterbreiten dazu erste Vorschläge. Abgesehen von einem neuen Reisegesetz halten wir folgende Rechtsentwicklungen für erforderlich: - 1. Ein neues Wahlgesetz sollte die Auswahl zwischen mehreren Kandidaten ermöglichen und bei der Stimmenauszählung in jedem Stadium die öffentliche Kontrolle garantieren. Zu dieser Kontrolle sind wir in der DDR ohne internationale Beteiligung in der Lage. 2. Die Kontrolle der Rechtsvorschriften und anderer verbindlicher staatlicher Entscheidungen auf iFire Verfassungstreue sollte erweitert werden. Nach unserer Auffassung sollte ein Organ geschaffen werden, an das sich auch Bürger wenden können, um entsprechende Überprüfungen zu veranlassen. 3. Wir brauchen ein Strafrecht, das klar zwischen Erlaubtem und Verbotenem unterscheidet und sich auf wirklich kriminelles Verhalten konzentriert, das von der Mehrheit der Bevölkerung als solches angesehen wird. Insbesondere bedürfen nach unserer Auffassung die Kapitel „ Staatsverbrechen “ und „Straftaten gegen die staatliche Ordnung“ der Überarbeitung. 4. Die Arbeiten an der Neufassung der Strafprozeßordnung sollten mit der Zielstellung konsequent fortgesetzt werden, das Recht auf Verteidigung und die Rechte der Geschädigten und Opfer von Straftaten wesentlich auszubauen. Die Transparenz der Rechtsprechung ist zu erhöhen. Untersuchungshaftanstalten und Einrichtungen des Strafvollzugs sollten in den Kompetenzbereich des Ministeriums der Justiz verlagert werden. Über Einschränkungen von Rechten der Untersuchungsgefangenen und der Strafgefangenen sollte ausschließlich der Richter entscheiden dürfen. 5. Das materielle Verwaltungsrecht sollte Schritt für Schritt neu gestaltet werden, um die Rechte und Pflichten der Bürger klarer zu formulieren und eine wirksame gerichtliche Nachprüfung zu ermöglichen. Neben der Erweiterung der gerichtlichen Nachprüfung auf weitere Verwaltungsentschei-gen ist es notwendig, die Kompetenz des Gerichts auszubauen und das Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Kreisgerichte zuzulassen. 6. Das VP-Gesetz ist nach unserer Auffassung neu zu gestalten, um die Befugnisse der Volkspolizei klarer zu formulieren. Dies würde die Rechtssicherheit nicht nur für die Bürger, sondern auch für die Polizisten erhöhen. Der vorläufige Personalausweis für Bürger der DDR, der sog. PM 12, sollte außer bei Verlust des Personalausweises nicht mehr an Bürger zur Einschränkung ihrer Rechte ausgehändigt' werden dürfen. 7. Das Steuerrecht sollte für die Bürger vereinfacht, überschaubar und lebensnah gestaltet werden. Ungerechtfertigte Unterschiede in der Besteuerung von Handwerkern und Gewerbetreibenden sind zu beseitigen. Das Steuerrecht ist so zu gestalten, daß ihre Dienstleistungen gefördert und nicht gehemmt werden. IV. Die Bedeutung des Rechts nimmt in unserer Gesellschaft zu. Jede politische Entscheidung muß sich auf rechtliche Grundlagen stützen. Hinsichtlich der Vorfälle während der Demonstrationen am 7., 8. und 9. Oktober 1989 bedauern wir die Verletzung der Veranstaltungsverordnung durch die Demonstranten. Soweit von ihnen Gewalt ausgegangen ist, wird dies von uns verurteilt. Andererseits können wir auch Übergriffe durch Mitarbeiter der Schutz- und Sicherheitsorgane während der Auflösung solcher Demonstrationen oder nach der Zuführung von Bürgern nicht hinnehmen. Unsere Mandanten haben uns diesbezüglich von erheblichen Übergriffen berichtet die dringend der zugesicherten Aufklärung bedürfen. Besonders betroffen haben. uns Schilderungen, die sich auf Vorfälle nach Zuführungen bezogen, weil von den Zugeführten in dieser Situation keinerlei Gefahr mehr 'ausgehen konnte und die dort tätigen Mitarbeiter der Schutz- und Sicherheitsorgane an den Auseinandersetzungen auf den Straßen nicht beteiligt waren und von diesen deshalb psychologisch auch nicht beeinflußt gewesen sein können. Es muß klar sein, daß jeder Zugeführte, Festgenommene, Verhaftete und Strafgefangene s'elbst wenn ihm schwerste Verbrechen vorgeworfen werden oder bewiesen sind Anspruch auf Wahrung seiner Menschenwürde und seiner körperlichen Integrität hat. Wir rufen die Rechtsanwälte unseres Landes auf, weiterhin ihren humanistischen Auftrag gewissenhaft zu erfüllen und jeden Mandanten mit aller Konsequenz mutig in jeder Rechtsangelegenheit zu vertreten. Dies schließt die Verteidigung beschuldigter Demonstranten ebenso ein wie die Verteidigung beschuldigter Mitarbeiter der Schutz- und Sicherheitsorgane. Wir erwarten, daß die Rechtsanwälte aktiv am gesellschaftlichen Dialog teilnehmen, in die Diskussion neuer Gesetze ihre Erfahrungen und ihr Wissen einbringen und dadurch einen Beitrag dazu leisten-, daß die Begriffe DDR, Sozialismus und Rechtsstaatlichkeit zu einer untrennbaren Einheit verschmelzen. , , Der Rat der Vorsitzenden der Kollegien der Rechtsanwälte steht an der Seite jedes Rechtsanwalts, der sich den hier dargelegten Aufgaben mit Leidenschaft und Sachkenntnis stellt. Magdeburg, 25. Oktober 1989 Diese Erklärung trägt die Unterschriften der Vorsitzenden hzw. stellvertretenden Vorsitzenden aller Rechtsanwaltskollegien in der DDR.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 481 (NJ DDR 1989, S. 481) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 481 (NJ DDR 1989, S. 481)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der offensiven Nutzung der erzielten Untersuchungsergebnisse Potsdam, Ouristische Hochscht Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache - Oagusch, Knappe, Die Anforderungen an die Beweisführung bei der Untersuchung von Grenzverletzungen provokatorischen Charakters durch bestimmte Täter aus der insbesondere unter dem Aspekt der Herausbildung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die sozialpsychologischen Determinationobedingungen für das Entstehen feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen. Die Wirkungen des imperialistischen Herrschaftssystems im Rahmen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit erkennbar. Maßnahmen der Vorbeugung im Sinne der Verhütung und Verhinderung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen sowie zur Zurückdrängung, Neutralisierung oder Beseitigung der ihnen zugrunde liegenden Ursachen und Bedingungen Ausgewählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit im gesamtgesellschaftlichen und gesamtstaatlichen. Prozeß der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Ausgenählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit -auf der allgemein sozialen Ebene der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen Ausgewählte spezifische Aufgaben Staatssicherheit auf der speziell kriminologischen Ebene der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Kriterien der Bewertung der Wirksamkeit der Vorbeugung und Bekämpfung feindlich-negativer Handlungen durch Staatssicherheit und die gesamte sozialistische Gesellschaft ist es daher unabdingbar, in die realen Wirkungszusam menhänge der Ursachen und Bedingungen für das Abgleiten auf die feindlich-negative Position und möglicher Ansatzpunkte für die Einleitung von Maßnahmen der Einsatz von Personen des Vertrauens, Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Ordnung und Sicherheit in den angegriffenen Bereichen unter Einbeziehung der verantwortlichen staatlichen Leiter sowie der Einleitung offizieller disziplinarischer Maßnahmen gegen die belasteten Personen.

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