Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 163

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 163 (NJ DDR 1989, S. 163); Neue Justiz 4/89 163 grenze 50 Prozent der Schadenersatzsumme7 festgeschrieben werden, sind abzulehnen. Die Angemessenheit als Kriterium des Verzichts ist nicht abstrakt, nicht absolut als Prozentsatz faßbar. Sonst hätte der Aufnahme einer entsprechenden Regelung in das Gesetz nichts im Wege gestanden. Durch eine Formalisierung bleibt jedoch das konkret zu erreichende und zu erziehende Individuum ausgeklammert und so eben das individuell und spezifisch dieser Person „Angemessene“ unter Berücksichtigung der Gesamtheit aller Umstände unbeachtet. Angemessenheit ist ihrer Natur nach zwangsläufig eine veränderliche Größe. Bestimmt werden kann sie nur anhand der Relation von Persönlichkeitsentwicklung, Schadenshöhe, zu leistendem und bereits gezahltem Schadenersatz. Auch ein pragmatischer Aspekt muß in diesem Zusammenhang Beachtung finden: Legt man einen bestimmten Prozentsatz fest, gerät der Leiter, der den Verzicht vorzunehmen hat, notgedrungen jeweils erneut unter „moralischen“ Druck, weil ggf. von ihm eine Verzichtserklärung erwartet wird, wenn der Werktätige diesen Teil der Summe bezahlt hat. Das Anliegen der rechtlichen Regelung des Verzichts im AGB wird m. E. durch derartige Festschreibungen in betrieblichen Leitungsdokumenten unterlaufen, auch wenn dahinter das Anliegen steckt, eine unverzichtbare Mindestsumme im Sinne der Wiedergutmachung zum Ausgangspunkt der Überlegung zu nehmen. Vorbildliche Arbeitsdisziplin ein wesentlicher Aspekt für die Erwägung des Verzichts Die Regelung des § 266 Abs. 1 AGB setzt neben der Zahlung eines angemessenen Teils der Schadenersatzsumme eine vorbildliche Arbeitsdisziplin des Werktätigen voraus. Unter vorbildlicher Arbeitsdisziplin ist in diesem Sinne mehr als „das ständige und pünktliche Erscheinen zur Arbeit, das Einhalten der Pausenregelung oder das Befolgen der Weisungen“8 zu verstehen. Erwartet werden muß vom Werktätigen ein Arbeitsverhalten, das entsprechend seinen objektiven und subjektiven Möglichkeiten mehr als die Erfüllung aller rechtlich geregelten und mit der konkreten Arbeitsaufgabe verbundenen Arbeitspflichten umfaßt.9 Dabei handelt es sich um individuell verfügbare Leistungsfähigkeiten, die im subjektiven Ermessen des Werktätigen stehen und nicht zwingend abgefordert werden können. Sie sind zwar nicht als Arbeitsleistung zu charakterisieren, können aber als ein Arbeitsverhalten in Erscheinung treten, das wesentliche Voraussetzung für verbesserte eigene Leistungen bzw. für die wirksamere Bewältigung der kollektiven Aufgaben ist, anhand objektiver Merkmale sichtbar wird (z. B. Mitwirkung an der Plandiskussion und im Wettbewerb durch Vorschläge, Hinweise und Kritiken; Schöpfertum und andere Initiativen zur Gewährleistung und zum Voranbringen betrieblicher Tätigkeit und der Entwicklung kameradschaftlicher Zusammenarbeit und gegenseitiger Hilfe) und einen aktuellen, tatsächlich erreichten Grad der Ausprägung bestimmter Persönlichkeitseigenschaften (wie z. B. Verantwortungsbewußtsein, Moral, Motivation, Einstellung, Einsatzbereitschaft, Zuverlässigkeit) signalisiert. Verzichtserklärungen, die sich in erster Linie auf das Verhalten des Werktätigen nach dem Eintritt der Schadenersatzverpflichtung (eingeschlossen die vereinbarungsgemäße Zahlung) stützen, verselbständigen diese Voraussetzung gegenüber dem bereits gezahlten Schadenersatz und den gemäß § 253 AGB ebenfalls zu beachtenden Kriterien. Eine solche isolierte Bewertung der Persönlichkeitsmerkmale des Werktätigen würde eine Privilegierung dieses Kriteriums bedeuten, die nicht gerechtfertigt ist. Erst wenn auch alle weiteren Voraussetzungen des § 266 Abs. 1 AGB erfüllt sind, kann die vorbildliche Arbeitsdisziplin des Werktätigen im Ensemble damit zum ausschlaggebenden Aspekt bei der Erwägung des Verzichts werden. Anforderungen an die Entscheidung des Betriebes Gemäß § 266 Abs. 2 Satz 2 AGB ist der Verzicht dem Werktätigen unter Angabe der Gründe schriftlich mitzuteilen. Auszeichnungen Vaterländischer Verdienstorden in Silber Oberst Fritz Nagel, Militäroberrichter und 1. Stellvertreter des Vorsitzenden des Militärkollegiums des Obersten Gerichts Zwar ist auch ein mündlich vom zuständigen Leiter gegenüber dem Werktätigen erklärter Verzicht rechtswirksam. Im Interesse der erzieherischen Wirkung, der Nachprüfbarkeit und Rechtssicherheit sollte der Betrieb jedoch in jedem Fall die Schriftform gewährleisten. Die Tragweite einer Verzichtserklärung verlangt, klare Regelungen in den betrieblichen Leitungsdokumenten dazu aufzunehmen, wer die Befugnis haben soll, einen Verzicht zu erklären. Gleichzeitig sollte die Bestimmung des Personenkreises erfolgen, der die Leistung des Werktätigen im umfassenden Sinne (Schadenersatz und vorbildliches Arbeitsverhalten) kontrolliert und zugleich in der Lage und berechtigt ist, dem zuständigen Leiter Stellungnahmen zu einer möglichen Verzichtserklärung zu unterbreiten. Zur Gewährleistung der Anwendung eines einheitlichen Maßstabes sollte zum einen eine solche Regelung in der Arbeitsordnung getroffen werden, also in dem Dokument, das einer hohen Effektivität der Arbeit, der Festigung der Arbeitsmoral und -disziplin, der Durchsetzung von Ordnung und Sicherheit sowie zur Entwicklung sozialistischer Kollektivbeziehungen dient. Zum anderen sollte deshalb die Möglichkeit zur Abgabe von Verzichtserklärungen nur dem Betriebsleiter bzw. in Abhängigkeit von der Größe des Betriebes nur Werktätigen der obersten Leitungsebene Vorbehalten sein. Falls keine betriebliche Regelung zum Verzicht existiert, dann ist m. E. allein der Betriebsleiter zu einer solchen Entscheidung befugt. Hier sollte im Interesse der Wahrung einheitlicher Grundsätze auf dem Gebiet der arbeitsrechtlichen Verantwortlichkeit so verfahren werden wie bei der Delegierung der Disziplinarbefugnis, d. h., soweit keine entsprechende Regelung existiert, sollte nicht von Fall zu Fall per Weisung ein Leiter zum Verzicht ermächtigt werden. Unberührt davon bleibt dabei, daß erstens jeder Leiter beauftragt werden kann, die erforderlichen Feststellungen zum Verzicht zu treffen, zweitens eine Verzichtserklärung des Betriebsleiters an den Werktätigen über jeden Leiter übermittelt werden kann und drittens jeder Leiter das Recht hat, an den Betriebsleiter Vorschläge zum Verzicht heranzutragen. Im Hinblick auf die rechtlichen und sozialen Auswirkungen einer Verzichtserklärung kommt es darauf an, eine qualifizierte, sachkundige, gerechte und mit der sozialistischen Gesetzlichkeit in Übereinstimmung stehende Entscheidung gemäß § 266 Abs. 1 AGB zu gewährleisten. Dazu bietet es sich an, daß die zuständige betriebliche Gewerkschaftsleitung mitwirkt. Obwohl im AGB zu diesem Problemkreis eine Mitwirkung der Gewerkschaft nicht ausdrücklich vorgesehen wurde, ergibt sich aus ihrer Stellung und Verantwortung als gesellschaftlichem Organ zur Kontrolle der Einhaltung des Arbeitsrechts, als Interessenvertreter der Werktätigen sowie dem Mitwirkungsrecht und dem Mitspracherecht in Personalangelegenheiten (§ 22 Abs. 2 Buchst, k AGB) in jedem Fall, daß sie Vorschläge unterbreiten, Stellungnahmen abgeben und Standpunkte äußern kann. Die zuständige betriebliche Gewerkschaftsleitung kann deshalb eine entsprechende Entscheidung des Betriebsleiters zum Verzicht anregen, sie unterstützen oder ihre Ablehnung dazu erklären. Dr. JÜRGEN HAEDRICH, wiss. Oberassistent an der Sektion Staats- und Rechtswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena 7 Ebenda. 8 Ebenda. 9 Ebenda.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 163 (NJ DDR 1989, S. 163) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 163 (NJ DDR 1989, S. 163)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Der Leiter der Abteilung ist für die konsequente Verwirklichung der unter Punkt genannten Grundsätze verantwortlich. hat durch eigene Befehle und Weisungen., die politisch-operative Dienstdurchführung, die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie mit den konkreten Bedingungen der politisch-operativen Lage stets zu gewährleisten, daß die Untersuchungsarbeit als politische Arbeit verstanden, organisiert und durchgeführt wird und auf dieser Grundlage die notwendige Einsatzbereitschaft, Opferbereitschaft und andere wichtige Eigenschaften zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Kampf gegen den Feind hervorbringen. Diese Erkenntnis ist durch die Leiter und mittleren leipenden Kader neben ihrer eigenen Arbeit mit den qualifiziertesten die Anleitung und Kontrolle der Zusammenarbeit der operativen Mitarbeiter mit ihren entscheidend verbessern müssen. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Begehung der Straftat, ihre Ursachen und begünstigenden Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Asylgewährung Prüfungs-handlungen durchzuführen, diesen Mißbrauch weitgehend auszuschließen oder rechtzeitig zu erkennen. Liegt ein Mißbrauch vor, kann das Asyl aufgehoben werden.

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