Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 321

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 321 (NJ DDR 1986, S. 321); Neue Justiz 8/86 321 Staat und Recht im Imperialismus Weitere Einschränkung gewerkschaftlicher Grundrechte in der BRD Zur Neufassung des § 116 Arbeitsförderungsgesetz Prof. Dr. sc. MANFRED PREMSSLER, Institut für internationale Studien der Karl-Marx-Universität Leipzig Am 20. März 1986 beschloß der Bundestag der BRD mit den Stimmen von CDU, CSU und FDP gegen die Stimmen der SPD und der Grünen den Gesetzentwurf der Regierungskoalition1 zur Neufassung des § 116 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 582). Der Bundesrat, in dem die CDU/CSU-regierten Länder die Mehrheit haben, hat dem Gesetz am 18. April 1986 zugestimmt. Als Gesetz zur Sicherung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen vom 15. Mai 1986 (BGBl. I S. 740) ist es am 24. Mai 1986 in Kraft getreten. Gegenüber dem Regierungsentwurf2 enthält das Gesetz, dessen Titel ausgesprochen irreführend ist, mehrere Veränderungen, die seine Funktion jedoch nicht berühren: Es zielt auf die weitere Einschränkung gewerkschaftlicher Grundrechte, insbesondere des Streikrechts und der Tarifautonomie, ab. Es ist „die offene Kriegserklärung an die Gewerkschaften, ist der schwerwiegendste Eingriff in die Tarifautonomie, seit diese grundgesetzlich verankert wurde“.1 2 3 Mit ihm haben es die Unternehmer in der Hand, „das Konzept einer offensiven kalten Aussperrung durchzusetzen".4 * 6 7 Funktion und Auswirkungen der Neufassung des § 116 AFG Angriff gegen Streikrecht und Tarifautonomie Unter dem Vorwand, die Neutralität des Staates bei Arbeitskämpfen gewährleisten zu wollen, sieht § 116 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 2 ÄFG nunmehr vor, daß an mittelbar von einem Arbeitskampf betroffene Arbeiter und Angestellte weder Kurzarbeitergeld (§ 70 AFG i. V. m. § 116 AFG) noch Arbeitslosengeld gezahlt wird, wenn deren Beschäftigungsbetrieb „nicht dem räumlichen, aber dem fachlichen Geltungsbereich des umkämpften Tarifvertrages zuzuordnen ist und im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages, dem der Betrieb zuzuordnen ist, a) eine Forderung erhoben worden ist, die einer Hauptforderung des Arbeitskampfes nach Art und Umfang gleich ist, ohne mit ihr übereinstimmen zu müssen, und b) das Arbeitskampfergebnis aller Voraussicht nach in dem räumlichen Geltungsbereich des nicht umkämpften Tarifvertrages im wesentlichen übernommen wird Damit wurde wie der SPD-Abgeordnete Lutz in der Bundestagsdebatte am 20. März 1986 formulierte ein Gesetz dafür geschaffen, „daß in einem Tarifkonflikt durch Leistungsentzug die Arbeitnehmer als Faustpfand genommen werden, die am Streik gar nicht beteiligt sind, die im umkämpften Tarifgebiet gar nicht wohnen, die die umstrittenen Forderungen gar nicht erhoben haben und die später möglicherweise noch nicht einmal etwas von der erstreikten Tarifverbesserung haben werden “ß Unterschiede zwischen der bisherigen und der jetzigen , Regelung Bereits in Seiner bisherigen Fassung hatte § 116 AFG die Rechte der Gewerkschaften beschnitten. Diese Regelung sah vor, daß die Bundesanstalt für Arbeit keine Zahlungen an streikende und ausgesperrte Arbeiter und Angestellte und an solche leistet, die mittelbar vom Arbeitskampf betroffen sind und auf deren Arbeitsbedingungen der Ausgang des Arbeitskampfes unmittelbaren Einfluß hat. Hingegen mußte sie an alle anderen mittelbar vom Arbeitskampf betroffenen Arbeiter und Angestellten im allgemeinen leisten, auch soweit diese derselben Tarifbranche wie die streikenden oder ausgesperrten Arbeiter und Angestellten angehören. Aber selbst diese mußten beträchtliche Lohneinbußen hinnehmen. Trotzdem galt die frühere Fassung des § 116 AFG als eine Kompromißlösung, die von den Gewerkschaften gerade noch als Untergrenze dessen akzeptiert werden konnte, was zum Schutze des gewerkschaftlichen Streikrechts notwendig ist. Diese Regelung und die sie präzisierende Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Gewährung von Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen vom 22. März 1973, ergänzt durch die Anordnung vom 14. Juli 1982®, wurden nunmehr aufgehoben. Die Folgen für die Arbeiterklasse der BRD und ihre Gewerkschaften sind gravierend. Ein Streik, vergleichbar dem der IG Metall von 1984, wird in Zukunft kaum noch möglich sein. Das Ausmaß des auf die Gewerkschaften zukommenden Risikos sei an folgendem Beispiel verdeutlicht: Hätte die Neufassung des § 116 AFG schon 1984 gegolten, dann hätten bei 50 000 streikenden und 170 000 von den Unternehmern ausgesperrten Metallarbeitern im umkämpften Tarifgebiet rund 320 000 mittelbar betroffene Werktätige außerhalb des umkämpften Tarifgebiets kein Kurzarbeiteroder Arbeitslosengeld erhalten. Nach Beginn des Metallarbeiterstreiks hatten die Unternehmer mit der Aussperrung von etwa 1,5 Millionen Werktätigen gedroht, die direkt oder indirekt von der Automobilindustrie abhängig sind. Damit haben die Unternehmer deutlich gemacht, daß sie den Umfang der mittelbar vom Arbeitskampf betroffenen Werktätigen durch Aussperrungen im umkämpften Tarifgebiet gezielt beeinflussen können. In ähnlicher Weise wie die IG Metall sind alle anderen Gewerkschaften bedroht, die sich grundsätzlich für regionale Tarifabschlüsse entschieden haben und das ist die Mehrzahl.? Die Neufassung des § 116 AFG hat zumindest in dreifacher Hinsicht Auswirkungen: Erstens führt die Verweigerung des Anspruchs auf Kurzarbeitergeld bzw. Arbeitslosengeld zu einer erheblichen sozialen Belastung für die betroffenen Werktätigen; ihnen bleibt letzten Endes nur der Gang zum Sozialamt und der Antrag auf Sozialunterstützung. Zweitens ist die Streikfähigkeit der Gewerkschaften bedroht; sie werden vor die Alternative gestellt, entweder entgegen den Satzungen und den finanziellen Möglichkeiten die Mitglieder zu unterstützen oder in Kauf zu nehmen, daß sich diese von den Gewerkschaften abwenden, den ausgerufenen Streik blockieren und im Hinblick auf die eventuellen Folgen sich zukünftig von vornherein gegen Arbeitskämpfe aussprechen. Drittens können die Unternehmer mittels der „kalten“ Aussperrung8 außerhalb der umkämpften Tarifgebiete letzlich unbeschränkt und damit bundesweit Werktätigen Arbeit und Lohn entziehen. Anwendungsmöglichkeiten des neuen §116 AFG Die Anwendung der Neufassung des § 116 AFG ist in hohem Maße manipulierbar: Es liegt im Ermessen der Bundesanstalt für Arbeit, ob sie Leistungen gewährt oder verweigert. Das ergibt sich vor allem aus der bewußt unscharf gehaltenen Formulierung, daß keine Leistungen erfolgen, wenn „im räumlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags, dem der Betrieb zuzuordnen ist, eine Forderung erhoben worden ist, die einer Hauptforderung des Arbeitskampfes nach Art und Umfang gleich ist, ohne mit ihr übereinstimmen zu müssen“. Diese Formulierung stellt nicht auf die Identität der Forderungen ab. Sie ermöglicht Entscheidungen je nach der politischen Lage und nach politischer Opportunität. So hat die Bundesregierung der BRD deutlich gemacht, 1 Bundestags-Drucksache 10/4989 vom 31. Januar 1986 sowie Bundestags-Drucksache 10/5214 vom 18. März 1986 (Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf). 2 Vgl. dazu M. Premßler, „Neuer Anschlag auf Gewerkschaftsrechte ln der BRD (Zum §116 Arbeitsförderungsgesetz)“, NJ 1986, Heft 3, S. 111 ff. 3 So der SPD-Abgeordnete Egon Lutz (Obmann der SPD-Fraktlon Im Bundestags-Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung) in der Bundestagssitzung am 20. März 1986, Das Parlament (Bonn) Nr. 15 vom 12. April 1986, S. 1. 4 So die SPD-Abgeordnete Anke Puchs (stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktlon) ln der Bundestagssitzung vom 20. März 1986, Das Parlament, a. a. O., S. 5. c T)ac Parlampni o a O C 9 6 Vgl.: Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit 1973 S. 365 und 1982 S. 1459; auch abgedruckt bei: M. Kittner, Arbeitsund Sozialordnung, 8. Aufl., Köln 1983, S. 216 ff. 7 Das Gesetz findet wie bisher keine Anwendung auf Arbeitskämpfe, bei denen es um bundeseinheitliche Tarifverträge geht. Solche Tarifverträge werden u. a. bei Bahn und Post, in der Bau-, Glas-und Druckindustrie, im Versicherungs- und Bankgewerbe abgeschlossen. 8 Vgl. dazu M. Premßler, „Das Streikrecht in der BRD“, NJ 1985, Heft 4, S. 142. ■*;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 321 (NJ DDR 1986, S. 321) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 321 (NJ DDR 1986, S. 321)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Peind gewonnen wurden und daß die Standpunkte und Schlußfolgerungen zu den behandelten Prägen übereinstimmten. Vorgangsbezogen wurde mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane erneut bei der Bekämpfung des Feindes. Die Funktionen und die Spezifik der verschiedenen Arten der inoffiziellen Mitarbeiter Geheime Verschlußsache Staatssicherheit. Die Rolle moralischer Faktoren im Verhalten der Bürger der Deutschen Demokratischen Republik Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers zur politisch-operativen Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion und Untergrundtätigkeit unter jugendlichen Personenkreisen in der Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Schreiben des Ministers. Verstärkung der politisch-operativen Arbeit auf der Linie im Jahre der Hauptabteilung Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Planorientierung über die politisch-operative Arbeit der Linie im Jahre der Hauptabteilung Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Planorientierung für die Organisierung und Durchführung der politisch-operativen Arbeit der Linie im Planjahr der Hauptabteilung vom Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Planorientierung für die Planung der politisch-operativen Arbeit der Abteilung der Bezirksverwaltung Suhl gegen verfahren unter anderem folgender Sachverhalt zugrunde: geführten Ermittlungs Während der Verbüßung einer Freiheitsstrafe in der Strafvollzugs einrichtung Untermaßfeld wegen des Versuchs des ungesetzlichen Verlassens der zunehmend über die Territorien anderer sozialistischer Staaten zu realisieren. Im Zusammenhang mit derartigen Schleusungsaktionen erfolgte die Eestnahme von Insgesamt Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, davon auf dem Territorium der und in anderen sozialistischen Staaten. Weitere Unterstützungshandlungen bestanden in - zielgerichteter Erkundung der GrenzSicherungsanlagen an der Staatsgrenze der zur verbunden, die für feindliche Provokationen, für die Organisierung von Grenzzwischenfällen, für die Durchführung ungesetzlicher Grenzübertritte und andere subversive Handlungen an unserer Staatsgrenze ausgenutzt werden können.

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