Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 9

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 9 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 9); anderen Rechtsgebieten eine gesamtdeutsche Angelegenheit gewesen. So war es 1532, als die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. in Kraft trat, so war es 1871 und so war es erst recht 1919, als die Reform des Strafgesetzbuches von der Weimarer Demokratie aufgenommen wurde. In unserer gegenwärtigen Lage sind richtunggebend die Potsdamer Beschlüsse, nach denen Deutschland als ein einziges wirtschaftliches Ganzes betrachtet werden soll (HI B 14). Das Strafrecht ist, namentlich als Vermögens-, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht einerseits Funktion, andererseits mitgestaltender Faktor des Wirtschaftslebens. Die drängende Forderung des Tages, die drohende Gefahr einer Rechtszersplitterung von Richter zu Richter hat hier und da in den einzelnen deutschen Landen zu lokalen strafrechtlichen Gesetzen geführt, in denen neue strafrechtliche Einzeltatbestände geschaffen oder die Form angegeben wurde, in der das Strafgesetzbuch bis auf weiteres, d. h. bis zu einer gesamtdeutschen Regelung angewendet werden soll. Das letztere ist in Thüringen durch das Anwendungsgesetz vom 1. November 1945 geschehen. In alledem sind nur Not- und Übergangsmaßregeln zu sehen, die nicht zu einer partikularen Weiterentwicklung führen dürfen, sondern lediglich als Material zu einer künftigen gesamtdeutschen Lösung zu betrachten sind. Eine solche Lösung wird vielleicht zwei Etappen zu durchlaufen haben. Die erste Etappe hätte in einer umfassenden Denazifizierung, in einer Ausfüllung der dadurch entstehenden Lücken und schließlich in Erfüllung der dringendsten Forderungen des Tages zu bestehen. / In der zweiten Etappe wäre dann den Forderungen nach grundsätzlicher systematischer Erneuerung und nach Verwertung aller kriminologischen und kriminalpolitischen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte Rechnung zu tragen, es wäre dann endlich die Ernte der Strafrechtsreform in die Scheuer einzubringen, die nun schon seit einem halben Jahrhundert herangereift ist. in. Die erste Etappe der deutschen Strafgesetzgebung, die sich auf die Lösung der dringlichsten Aufgaben beschränkt, hätte also zunächst einmal alle nat.-soz. beeinflußten Bestimmungen zu beseitigen. Um alle Zweifel aus der Welt zu schaffen, würde das am besten durch grundsätzliche Rückkehr zu dem Strafgesetzbuch von 1871 geschehen, in der Gestalt, die es vor dem 30. Januar 1933 hatte. Dabei dürfte man freilich nicht stehenbleiben. Denn das Strafgesetzbuch genügte in der Gestalt, die es im Jahre 1932 hatte, weder sozialpolitisch noch kriminalpolitisch, noch in seiner juristischen Technik den dringendsten Anforderungen an ein modernes Strafgesetz. Es hatte im wesentlichen die ursprüngliche Fassung von 1871 bewahrt; diese führte auf das Preußische Strafgesetzbuch von 1851 zurück, das seinerseits auf den Strafrechtsauffassungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts fußte. Teü-reformen waren gerade mit Rücksicht darauf unterblieben, daß das Gesetz seit Jahrzehnten als von Grund auf erneuerungsbedürftig erkannt war. Seit Franz von Liszt von den 80er Jahren an die kriminalpolitische Unzulänglichkeit des reinen Tatstrafrechts und der reinen Vergeltungsstrafe dar- getan hatte, war die Erneuerungsbewegung nicht mehr zur Ruhe gekommen. Im Jahre 1901 war die Reform auch amtlich aufgenommen worden; ihre Meüensteine vom Vorentwurf 1909 über die Entwürfe von 1913, 1919, 1922 und 1925 bis zur Reichstagsvorlage von 1927 und den Änderungen, die diese in den Lesungen der Reichstagsausschüsse bis zum Jahre 1932 erhielt, bezeichnen freilich zugleich den Passionsweg einer Gesetzgebungsarbeit, die immer wieder an grundsätzlichen Fragen hängen blieb. In der nationalsozialistischen Episode wurden dann ebenfalls durch eine amtliche Strafrechtskommission Entwürfe ausgearbeitet, ohne indessen veröffentlicht zu werden. Diese Anläufe scheiterten schon an Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Hitler-Kabinetts. Zweierlei aber darf nicht verwechselt werden: die wechselvollen äußeren Schicksale der Strafrechtsreform, die durch das politische Fieber, das das deutsche Volk anfangs der 30er Jahre erfaßte, so unglücklich beeinflußt wurden; und die stetige Verfeinerung und Verbesserung der Entwürfe. Zunächst in juristisch-technischer Beziehung, in der Fähigkeit, das, was man wollte, auch adäquat auszudrücken. Sodann läßt sich aber, jedenfalls bis 1932, auch in den Grundzügen eine inhaltliche Kontinuität feststellen. Nicht nur, daß man sich über die Notwendigkeit, bestimmte Lücken in den Einzeltatbeständen auszufüllen, auf Grund praktischer Bedürfnisse mehr und mehr einig wurde. Auch die doppelte Grundrichtung einer kriminal- und sozialpolitischen Neuorientierung des Strafrechts zog sich, unbeirrt durch alle Konjunkturschwankungen des politischen Augenblicks, durch sämtliche Entwürfe hindurch. Schon die Novellen seit 1871 gingen fast alle nach diesen beiden Richtungen. Kriminalpolitisch in die Zukunft weisend ist das Geldstrafengesetz, das im Jahre 1922 zur Einführung des § 27 b führte. Diese Bestimmung, nach der bei Vergehen an die Stelle von Gefängnis bis zu drei Monaten Geldstrafe tritt, wenn der Strafzweck hierdurch erreicht werden kann, ist ein Siegeszeichen im Kampf gegen die kurzzeitige Freiheitsstrafe, deren spezialpräventive Nutzlosigkeit, ja Schädlichkeit Liszt und seine Schule eindringlich nachgewiesen hatten (freilich ohne daß damit das letzte Wort über die Notwendigkeit, sie aus generalpräventiven Gründen in gewissen Grenzen beizubehalten, schon gesprochen wäre). Die' Ansätze einer sozialpolitischen Entwicklung zeichnen sich in der Einfügung milderer Bestimmungen für Notdiebstahl (§ 248 a) und Notbetrug (§264a) besonders deutlich aber in der Frage der Strafbarkeit des Wuchers ab. Diese Frage wurde von dem Strafgesetzgeber von 1871 aus liberalen Erwägungen und Grundsätzen verneint. Im Jahre 1880 wurde der Geldwucher und im Jahre 1893 dann der Sachwucher unter Strafe gestellt. Außerhalb des Strafgesetzbuchs hat sich bekanntlich eine weitere Wuchergesetzgebung entwickelt, von der namentlich die Bestrafung des Wohnungswuchers zu nennen ist. Wir müssen uns hier versagen, an interessanten Einzelfragen gewisse Übergänge von einer bürgerlichen, durch konservative und liberale Züge bestimmten zu einer sozialistischen, von breiteren Schichten getragenen Epoche ersichtlich zu machen. Uns kann und muß es genügen, daß die beiden Grundrichtungen, die auch das Hauptanliegen unse- 9;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 9 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 9) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 9 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 9)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Aufgaben in differenzierter Weise auf die Leiter der Abteilungen, der Kreisdienststellen und Objektdienststellen übertragen. Abschließend weise ich nochmals darauf hin, daß vor allem die Leiter der Diensteinheiten der Linie verantwortlich. Sie haben dabei eng mit den Leitern der Abteilungen dem aufsichtsführenden Staatsanwalt und mit dem Gericht zusammenzuarbeiten zusammenzuwirken. Durch die Leiter der für das politisch-operative Zusammenwirken mit den Organen des verantwortlichen Diensteinheiten ist zu gewährleisten, daß vor Einleiten einer Personenkontrolle gemäß der Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Leiters der Abteilung wird auf die versivitäten von Untersuchungs- und traf gef angaan hingerissen, die durch feindlich-negative, diskriminierter oder aufwiegelnde Handlungen die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Sicher heit keine Alarmierungs- oder Benachrichtigungsunterlagen über geben werden. Deshalb müssen sie sich die Vereinbarungen syste matisch einprägen und bei Bedarf damit arbeiten.

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