Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 8

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 8 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 8); lichem Ermessen zu verfahren, sei es aber auch, um sie vor jeder Ahndung zu bewahren. So trübe dieser Rückblick ist er lehrt uns jedenfalls: daß wir es so nicht machen dürfen, nicht dem Inhalt nach, aber auch nicht in der Methode. Wie aber soll positiv das Strafrecht künftig aus-sehen ? Um zu neuen Ufern zu gelangen, genügt es nicht, den Schutthaufen des Rechtszerfalls wegzuräumen. Wir müssen das Strafrecht neu begründen. Ehe wir aber an die technische Neugestaltung des positiven Strafrechts herangehen können, müssen wir eine neue Rechtsgesinnung gewonnen und für die Grundlagen dieses Neuaufbaues fruchtbar gemacht haben. Was zu dieser neuen Rechtsgesinnung gehört, kann hier nur in den allergröbsten Umrissen und bruchstückweise angedeutet werden. Vor allem muß der Gesetzespositivismus überwunden werden, die Ansicht, als ob den vollen Rang des Rechts alles besitze, was ordnungsgemäß in einer Gesetzessammlung verkündet ist. Das Recht wird damit auf eine formale Ordnungsfunktion reduziert, es wird zu einem System von leeren Schubfächern, die man mit beliebigem Inhalt füllen kann. Diese unzulängliche Auffassung vom Wesen des Rechts hat in der deutschen Rechtswissenschaft ebenso wie in der praktischen Rechtsanwendung schon längst vor der Hitlerzeit eine entnervende Wirkung gehabt. Ihre Spuren lassen sich bis zu Laband im öffentlichen Recht, Windscheid im bürgerl. Recht und Binding im Strafrecht zurückverfolgen. Ja, sie liegen wahrscheinlich noch tiefer und früher. Nur vom Boden eines kritiklosen Gesetzespositivismus aus konnte es geschehen, daß auch die terroristischsten und ungerechtesten Gesetze ziemlich widerstandslos hingenommen und angewendet wurden und daß sich immer wieder Anzeigende und Belastungszeugen fanden, die den Justizapparat im Sinne eines summum ius summa iniuria in Bewegung setzen. Dieser Positivismus kann nur durch eine Rückkehr zu übergesetzlichen kritischen Maßstäben überwunden werden, die letzten Endes an der Idee der Gerechtigkeit selbst orientiert sind. Es sind naturrechtliche Gedankengänge, die damit angeschlagen werden und sie tauchen bereits ganz offen auf, wenn eben in der Süddeutschen Jur.-Zeitung (S. 36) eine Entscheidung des Amtsgerichts Wiesbaden veröffentlicht wird, nach der „die Gesetze, die das Eigentum der Juden dem Staat für verfallen erklären, mit dem Naturrecht in Widerspruch stünden und schon zur Zeit ihres Erlasses nichtig gewesen seien“. Naturrechtlich ist es auch gedacht, wenn im Kontrollrats-gesetz Nr. 10 „Verbrechen gegen die Menschlichkeit bestraft werden“, „ohne Rücksicht darauf, ob sie das nationale Recht des Landes, in welchem die Handlungen begangen wurden, verletzen“, oder wenn „die allgemeinen Prinzipien des Strafrechtes, wie sie sich aus dem Strafrecht aller zivilisierten Nationen ableiten“, der Nürnberger Anklage zugrunde gelegt werden. In doppeltem Sinn wird hier das Recht naturrechtlich begründet: deduktiv aus der überwirklichen Idee der Humanität, induktiv aus der geschichtlichen Wirklichkeit der Rechte aller Kulturvölker heraus. Eine nähere Ausführung der tragenden Ideen einer naturrechtlichen Erneuerung des Strafrechtes muß an anderer Stelle gegeben werden. Aber dieser Besinnung auf allgemeine Wertmaßstäbe, dieser Rückgewinnung der Gerechtigkeit muß parallel gehen eine Vertiefung und Verfeinerung der rechtstheoretischen Begriffe, und damit eine Rückgewinnung der Rechtssicherheit, d. h. vor allem der Rechtsklarheit und -bestimmtheit. Sonst entsteht die Gefahr, vor der Kohlrausch schon vor vielen Jahren gewarnt hat: die Gefahr, daß die Karte der Weltanschauung zu früh ausgespielt wird. Die Kontinuität und damit die Autorität des Rechtes wird in unnötiger und gefährlicher Weise erschüttert, wenn man es ändern oder sich unter Berufung auf allgemeine Grundsätze über es hinwegsetzen zu müssen glaubt, ohne zuvor seine Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben. Eine Frage, die die Gemüter in den letzten Monaten aufs Tiefste bewegt hat, sei hier als Beispiel angeführt. Politische Ausnahmegesetze gegen nat.-soz. Denunzianten mit rückwirkender Kraft zu erlassen, wie es vielfach gefordert wurde, verstieß nicht nur gegen das Rückwirkungsverbot, sondern war auch überflüssig, da die strafwürdigen Fälle unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Täterschaft schon nach dem geltenden Recht erfaßt werden können, abgesehen von den Möglichkeiten, die jetzt das Kon-trollrätsgesetz Nr. 10 an die Hand gibt. Eine weitere Frage, die heute grundsätzlicher Besinnung bedarf, ist die nach dem Verhältnis von Recht und Gnade. Taten, die unter eine Amnestie gehören, oder bei denen die Ausübung des Niederschlagungsrechts im Einzelfall angebracht ist, sollten nicht durch gezwungene und brüchige rechtliche Konstruktion gewaltsam „gerechtfertigt“ oder „entschuldigt“ werden. Doch muß an dieser Stelle wiederum der Hinweis genügen, daß hier ein grundsätzliches Problem liegt, daß eine alte Frage neu gestellt ist und einer neuen Antwort bedarf. n. Wenden wir uns nunmehr der Frage zu, wie denn positiv etwa unser deutsches Strafrecht in Zukunft aussehen soll, so erhebt sich sofort die Vorfrage, ob es denn überhaupt einen legitimierten deutschen Strafgesetzgeber gibt. Mit dem Gesetz Nr. 11 hat der Kontrollrat die Materie des Strafrechts zunächst im Sinne der Entnazifizierung, also eines bloßen Abbaues nicht mehr erträglicher Bestimmungen, zu regeln begonnen. Wir wissen nicht, ob er darüber hinaus den positiven Neuaufbau des deutschen Strafrechts im demokratischen Sinne selbst in die Hände nehmen oder dies einer künftigen deutschen Regierung überlassen wird. In jedem Falle aber wäre es verkehrt, wenn wir uns überhaupt keine eigenen Gedanken mehr über die Zukunft unseres Strafrechts mach-' ten. Von allem anderen abgesehen haben wir aus zwei Gründen Veranlassung, klarzustellen, wie wir Deutschen uns das Gesicht unseres künftigen deutschen Strafrechts vorstellen: einmal, weil wir in der Zwischenzeit, in der gewisse vorläufige Regelungen getroffen werden mußten, wertvolle Erfahrungen sammeln konnten, die nicht verloren gehen sollten, und zum andern, weil Entwürfe von deutscher Seite zumindest als Material für die Gesetzgebung ihre Beachtung und Würdigung finden werden Daß das künftige deutsche Strafrecht für ganz Deutschland einheitlich sein wird, setzen wir dabei freilich voraus. Seit es ein einheitliches Deutschland gab, ist die Strafgesetzgebung längst vor allen 8;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 8 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 8) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 8 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 8)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Tenaltun-gen und den Kreisdienststellen an die Stellvertreter Operativ der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zur Entscheidung heranzutragen. Spezifische Maßnahmen zur Verhinderung terroristischer Handlungen. Die Gewährleistung einer hohen Sicherheit und Ordnung. Der operative soll auf Grund seiner politischoperativen Grundkenntnisse Einfluß auf die weitere Qualifizierung der Filtrierung sowie der vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung des Mißbrauchs von Transportmitteln mit gefährlichen Gütern für gefährliche Güter für Terror- und andere Gewaltakte, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung zur Unterbindung und Zurückdrängung von Versuchen von Bürgern der die Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Untersuchungshaftvollzugec und deren Verwirklichung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Dis imperialistischen Geheimdienste der Gegenwart. Vertrauliche Verschlußsache . Die Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit zur Vorbeugung und Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion und der gegnerischen Kontaktpolitik und -tätigkeit ist nach wie vor eine Hauptaufgabe aller Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , unmittelbar mit Kräften des Gegners und anderen feindlich negativen Personen konfrontiert werden und ihren Angriffen und Provokationen direkt ausgesetzt sind. Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen.

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