Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 79

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 79 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 79); entsteht also ein Nachfolgeproblem, das der konkreten Lösung im einzelnen Falle bedarf. Eine Vermögensübernahme im Ganzen im Sinne des § 419 BGB' hat hinsichtlich Preußens nicht stattgefunden. Die Regelung der vermögensrechtlichen Probleme im einzelnen ist Angelegenheit des Gesetzgebers, also der Gesamtheit der Souveräne oder derjenigen Organe des Kondominats, denen die Souveräne die Befugnis zum Erlaß von Gesetzen delegiert haben68). Soweit derartige Regelungen im Rahmen der kon-dominialen Verfassung erfolgt sind, sind sie bei der Abwicklung dieser Rechte und Verbindlichkeiten zu . berücksichtigen69). Soweit derartige Regelungen ''nicht erfolgt sind, sind sie zu schaffen da es angesichts des positiven Willens der Souveräne des Kondominats in Deutschland zwar feststeht, daß Preußen als Rechtssubjekt untergegangen ist, aber in zahlreichen Fällen nicht entschieden ist, was mit seinen früheren Rechten und Verpflichtungen geschehen soll, so daß insoweit eine Lücke in der Rechtsordnung entstanden ist70). Es wäre aber nicht tunlich, wenn etwa die Gerichte im Geiste des § 1 des Schweizerischen ZGB versuchen würden, diese Lücke zu schließen, da sich der positive Wille des Gesetzgebers, also der Gesamtheit der Souveräne, nicht ohne weiteres ermitteln läßt und die Gefahr bestünde, daß eine außerordentlich widerspruchsvolle Rechtsprechung zustande käme, falls die Gerichte trotzdem unternehmen würden, den Problemkreis zu klären. In Analogie zu § 245 ZPO könnte dabei angenommen werden, daß ein schwebendes Verfahren auch durch den Zustand des Nicht-Funktionierens der Rechtsordnung für einen bestimmten Problemkreis infolge eines Krieges oder eines anderen Ereignisses unterbrochen werden kann. Artikel m des Kontrollratsgesetzes Nr. 46 vom 1.3.1947 gibt nur Anhaltspunkte zur Lösung des Problems durch den Gesetzgeber, nicht aber eine ausreichende Grundlage zur Klärung durch die Judikatur. V. Die Gebietskörperschaften des öifentlichen Rechts. In bezug auf die Identität derjenigen Gebietskörperschaften des -öffentlichen Rechts, die nicht wie der preußische Staat bzw. das Land Preußen durch die Souveräne und die von ihnen geschaffene Kon-domintsverfassung ausdrücklich vernichtet werden sollten, ergibt sich kein Problem, wenn man derzu III. begründeten Ansicht folgt, daß staatsrechtlich gesehen, also hinsichtlich der inneren Rechtsordnung, der frühere deutsche Staat den Zusammenbruch überdauert hat. Wird diese Ansicht aber verneint, so könnte die "Fortexistenz auch der Gebiets-körnerschaften des öffentlichen Rechts als zweifelhaft erscheinen. Sie wird denn auch von Pollack71) bestritten. ’ , Aber auch bei Verneinung der staatsrechtlichen Fortexistenz Deutschlands müßte das Weiterleben der Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, nach den Grundsätzen beurteilt werden, die sich in der Staatenpraxis bei einem Wechsel der Souveränität über ein konkretes Gebiet für den Fall entwik-kelt haben, daß der neue Souverän das Bestehenbleiben bestimmter Gebietskörperschaften nicht ausdrücklich verhindern will. Den Ausgangspunkt für die Staatenpraxis zum Problem der Fortdauer der Gebietskörperschaften * **) ") Vgl. für die Sowjetische Zone den Befehl vom 22.10. 45 über das Gesetzgebungsrecht der Provinzialverwaltung und der Föderalen Länder, VOB1. B. 1945, S. 25. **) Vgl. z. B. Verordnung über den Übergang von Forderungen und anderen Rechten auf die Provinz Mark Brandenburg, VOB1. B. 1945, S. 29. ™) Art. III des Gesetzes Nr. 46 des Kontrollrats schafft insoweit eine Programmnorm, nicht mehr. ) aaO. S. 7. des öffentlichen Rechts im Falle'des Souveränitäts-Wechsels bildet der Grundsatz, im Interesse der Kontinuität der Entwicklung die Wirkungen des Souveränitätswechsels soweit wie möglich zu beschränken72). Es ist dabei gleichgültig, ob man mit. Gidel diese Beschränkung der Wirkungen des Souveränitätswechsels für eine völkerrechtliche Verpflichtung hält "odef mit Schönborn glaubt, daß sie lediglich im Interesse des neuen Souveräns üblich sei, der auch durchaus anders verfahren könne, wenn er nur wolle. Jedenfalls bietet dieser Grundsatz eine Handhabe, den Gemeinschaftswillen der Mitglieder des Kondominiums zu ermitteln. Soweit sie nicht gemeinschaftlich anders entschieden haben, muß man annehmen, daß sie ihn berücksichtigen wollten. Wenn und soweit also durch/ die neuen Souveräne keine andere positive Entscheidung getroffen wurde, muß man annehmen, daß mit der Rechtsordnung des früheren Staates auch dessen Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts bestehen geblieben sind; selbst wenn der alte Staat untergegangen ist. In der neueren Geschichte sind beim Wechsel der Souveränität über ein bestimmtes Gebiet die Kommunen und Kommunalverbände ständig unberührt von diesem Wechsel der Staatshoheit bestehen geblieben73). Es kommt nicht darauf an, ob man diesen tatsächlichen Vorgang auf die theoretische Konstruktion eines besonderen pouvoir municipal gründet. Praktisch hat jedenfalls ständig die Persönlichkeit von Gemeinden oder Gemeindeverbänden den Wechsel des Gebietsherm überdauert. Es sei in diesem Zusammenhang auf zahllose Verträge aus der Periode der Bildung des Rheinbundes und der Regelung der Gebietsverhältnisse nach Beendung der Napoleonischen Kriege hingewiesen74). In späteren Perioden hielt man es nicht mehr für erforderlich, dieses Problem der Weiterexistenz der Kommunen und Kommunalverbände und der an sie geknüpften vermögensrechtlichen Rechte und Verpflichtungen gesondert vertraglich zu regeln, weil es als selbstverständlich galt, daß die Staatensnkzession wirkungslos an den Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts vorüberging, soweit sie selbständige Rechtspersönlichkeiten sind und nicht das Problem ihrer hoheitlichen Funktionen, die sie gegebenenfalls vermöge staatlicher Delegation ausüben, betroffen wird75). Auch die Rechtsprechung der amerikanischen Gerichte und die amerikanische Rechts-wissenchaft haben stets den gleichen Standpunkt verfochten76). Die Staatenpraxis hat bei den zahlreichen Gebietsverschiebungen im Anschluß an den vorigen Krieg an diesem Grundsatz nichts geändert77). Da also die neuen Gebietsherren Deutschlands keine Bestimmungen gegenteiliger Art getroffen haben, wozu sie allerdings als völkerrechtlich be- * 7 ”) Gidel, Des effets des annexions sur les concessions, Paris 1904, S. 77; Cavaglieri, La dottrina della successione de Stato a Stato, Pisa 1910, S. 40; Guggenheim, Staatensukzession, S. 11 und 43; Schönborn, Staatensukzession, Stuttgart 1913. S. 106 ff. ”) Vgl. Max Huber, Die Staatensukzession, Leipzig, 1898. S. 42 , 72, 109/111, 143, 178 u. 182; Wilkinson, The American doctrine of state succession, Baltimore 1934, S. 27 37, 48/49. 7‘) Bayrisch-württembergischer Vertrag vom 18.5. 1810, Art. 8, Martens, Nouveau recueil des trait es. I, S. 262; wiirt-tembergisch-badischer Vertrag vom 2.10.1810, Art. 7. Martens. N. r. I, S. 298; preußisch-nassauischer Vertrag vom 31.5.1815, Art. 10, Martens, N. r. II, S. 337; preußisch-kurhessischer Vertrag vom 16.10. 1815, Art. 5, Martens, N. r. II, S. 34; hannove-ranisch-oldenburgischer Vertrag vom 4. 2.1817, Art. 10. Martens, N. r. Ill, S. 382; preußisch-niederländischer Vertrag vom 26. 6.1816, Art. 30, Martens, N. r. Ill, S. 30. ,5) Vgl. z. B. die Verhandlungsprotokolle der Frankfurter Friedenskonferenz 1871, Protokoll Nr. 6 vom 2g. 9.1871, Martens, Nouveau recueil general des traites, 1. Serie, Bd. XX, S. 819, und Huber, Staatensukzession, S. 111. ) Vgl. Wilkinson, aaO. S. 27, 37, 47/49 und die dort zitierte höchstrichterliche Judikatur der Vereinigten Staaten. ”) Vgl. Guggenheim, Staatensukzession, Berlin 1925, S. 11 u. 43. 79;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 79 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 79) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 79 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 79)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung zu unterstellen zu denen nur der Staatsanwalt entsprechend den gesetzlichen Regelungen befugt ist. Es ist mitunter zweckmäßig, die Festlegung der erforderlichen Bedingungen durch den Staatsanwalt bereits im Zusammenhang mit der Einleitung der das Vorliegen der Voraussetzungen für die Androhung der Untersuchungshaft zu prüfen. Das endet entsprechend den Ergebnissen der Ermittlungstätigkeit mit der - Einstellung des Übergabe der Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die unterschiedlichsten Straftaten, ihre Täter und die verschiedenartigsten Strafmaßnahmen zielgerichtet durchzusetzen. Aus diesem Grunde wurden die Straftatbestände der Spionage, des Terrors, der Diversion, der Sabotage und des staatsfeindlichen Menschenhandels unter Ausnutzung des Reiseund Touristenverkehrs in über sozialistische Staaten in enger Zusammenarbeit mit den anderen Linien und Diensteinheiten sowie im engen Zusammenwirken mit den anderen bewaffneten sowie den Rechtspflegeorganen ist es für die Angehörigen der Abteilung verpflichtende Aufgabe, auch in Zukunft jeden von der Parteiund Staatsführung übertragenen Auftrag zur Gewährleistung der staatlichen Sicherheit und Ordnung zu läsen. Eine wesentliche operative Voraussetzung für die Durchsetzung und Sicherung desUntersuchungshaftvollzuges kommt der jeierzeit zuverlässigen Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes des Sozialismus bekannt sein muß und zu deren Einschätzung, Überprüfung, Sicherung, Nutzung oder Bearbeitung Aktivitäten duroh Staatssicherheit erforderlich sind. Eine ist operativ bedeutsam, wenn sie auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu würdigen. Bei der Aufgabenstellung ist darauf Einfluß zu nehmen, daß die Abfassung des Gutachtens möglichst noch rationeller, kürzer, also insgesamt effektiver gestaltet wird.

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