Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 220

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 220 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 220); tet der vorliegende Pall keinen Anlaß. Demnach hat auch im vorliegenden Falle die Verurteilung des Angeklagten zu erfolgen auf Grund des Befehls Nr. 160 in Verbindung mit dem zu seiner Ergänzung erlassenen Befehl Nr. 163 vom 27. 5. 1946. Nach Nr. 27 dieses Befehls werden Personen, die die Pflichtablieferung von Getreide böswillig verweigern, gemäß dem Befehl vom 3. 12. 1945 (Nr. 160) zur gerichtlichen Verantwortung gezogen. Was den äußeren Tatbestand anbelangt, so hat auch das Landgericht in der Handlungsweise des Angeklagten ein Beiseiteschaffen von Getreide erblickt und deshalb ein Verbrechen nach § 1 KWVO angenommen. Dieses Beiseiteschaffen i. S. des § 1 der nach bisherigem deutschen Recht anzuwendenden KWVO stellt bei der nunmehr gebotenen Beurteilung ein „Verweigern der Pflichtablieferung von Getreide“ i. S. des Befehls 163 Nr. 27 dar. Was den inneren Tatbestand anbelangt, so hat das Landgericht Böswilligkeit i. S. des § 1 KWVO bejaht. Die Verneinung des inneren Tatbestandes nach Befehl Nr. 160 beruht jedoch auf rechtsirrigen Erwägungen. Die Begriffsmerkmale der Böswilligkeit sind bei § 1 KWVO und bei den Straftatbeständen des Befehls Nr. 160 und 163 gleich. In beiden Fällen genügt, daß der Täter sich aus eigennützigen Motiven über die Belange der Allgemeinheit hinweggesetzt hat. Die Ansicht des Landgerichts, daß für eine Verurteilung aus Befehl 160 stets eine Sabotage oder ein Diversionsakt i. S. dieses Befehls vorliegen müsse, insbesondere, daß der Täter ein Verhalten, das auf den Abbruch wirtschaftlicher Maßnahmen gerichtet ist, an den Tag legen müsse, ist rechtsirrig. Der Straftatbestand bestimmt sich allein nach Nr. 27 des Befehls 163, der in Ergänzung des Befehls 160 ergangen ist, während dem letzteren nur nach Art eines Rahmengesetzes die Strafe zu entnehmen ist. Der Befehl Nr. 160 gibt nur den Begriff dey Sabotage und Diversionsakte wieder, was allerdings nicht ausschließt, daß im Einzelfalle lediglich auf Grund dieses Befehls eine Verurteilung erfolgen kann. Das wird aber nur dann der Fall sein, wenn auf den betreffenden Sachverhalt andere, in Ergänzung des Befehls Nr. 160 ergangene Strafrechtsnormen nicht in Betracht kommen. Bei diesem nunmehr vom Senat eingenommenen Rechtsstandpunkt Ist das angefochtene Urteil rechtsirrtümlich. Es mußte deshalb auf die Revision der Staatsanwaltschaft aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung in die Vorinstanz zurückverwiesen werden. Das Landgericht wird den Sachverhalt nunmehr unter dem Gesichtspunkt des Befehls Nr. 160 zu prüfen und aus dem darin aufgestellten Strafrahmen die Strafe zu entnehmen haben. In diesem Zusammenhang sei, um etwaige Zweifel von vornherein auszuschalten, ausdrücklich darauf hingewiesen, daß unter der Freiheitsstrafe des Befehls Nr. 160 nicht nur Gefängnisstrafe, sondern auch Zuchthausstrafe zu begreifen ist. Diese beiden Arten von Freiheitsstrafen werden im russischen Recht nicht getrennt. Es würde aber angesichts der Schwere der nach dem Befehl Nr. 160 abzuurteilenden Verbrechen, die in besonders schweren Fällen sogar mit der Todesstrafe zu ahnden sind, dem Sinne des Befehls nicht entsprechen, wenn man die Zulässigkeit einer Zuchthausstrafe verneinen würde. Anmerkung: Dem Urteil kann nicht zugestimmt werden. I. Der von ‘dem OLG Gera zur Grundlage seiner Entscheidung gemachte Satz, die Besatzungsmacht verfolge bei ihrer Gesetzgebung das Ziel, die von ihr in Angriff genommenen Strafrechts gebiete abschließend und richtungweisend zu regeln, kann in dieser Allgemeinheit als richtig nicht anerkannt werden. Dieser Grundsatz verdient allerdings für solche Rechtsgebiete Beifall, auf denen die Besatzungsmächte Regelungen getroffen haben, die sich ihrem Wesen nach von den bestehenden deutschen Strafgesetzen unterscheiden, ivie das z. B. bei dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 der Fall ist, auf das das OLG Gera in seiner Entscheidung auch mehrfach verweist. Bei dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 ist es so, daß Tatbestände, die zum Teil aber auch nur zum Teil nach den deutschen Strafgesetzen strafbar wären, unter einem ganz neuen und andersartigen Gesichtspunkt für strafbar erklärt worden sind, nämlich unter dem Gesichtspunkt der Unmensch- lichkeit, der alle unter dieses Gesetz fallenden Verbrechen charakterisiert. Wer einen Gegner des Nationalsozialismus aus politischen Gründen in ein Konzentrationslager gebracht hat, der hat zwar formell den Tatbestand der Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) erfüllt. Es würde aber in keiner Weise dem Unrechtsgehalt einer solchen Tat entsprechen, würde man diese nur als Freiheitsberaubung kennzeichnen und bestrafen, und zwar auch dann nicht, wenn man, wie es vorgeschlagen ist, den Strafrahmen aus dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 entnehmen würde. Eine solche Tat ist etwas anderes und ist mehr als eine bloße Freiheitsberaubung. Sie ist eine unmenschliche Handlung, unabhängig davon, ob durch sie die Tatbestandsmerkmale der Freiheitsberaubung, wie sie das deutsche Strafgesetz aufstellt, erfüllt sind. ; Wenn sich daher das OLG Gera entschlossen hat, hinsichtlich des Kontrollratsgesetzes Nr. 10 von seiner bisherigen Rechtsprechung abzurücken und derartige Straftaten nur noch nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 und nicht mehr nach deh deutschen Strafgesetzen zu bestrafen, so ist dies nur zu begrüßen. Es zeugt aber von einem mangelnden Verständnis für die inneren Gründe, die zu einer solchen Rechtsanschauung führen, wenn der für das Kontrollratsgesetz Nr. 10 richtig entwickelte Grundsatz ohne nähere Prüfung auf andere Tatbestände der Gesetzgebung der Besatzungsmächte übertragen wird. Bei dem Befehl Nr. 160 der SMAD, um den es sich hier handelt, kann keine Rede davon sein, daß der mit ihm verfolgte Zweck und der ihm zugrundeliegende Rechtsgedanke dazu nötigen, von einer Anwendung der einschlägigen deutschen Strafgesetze abzusehen, wenn ihre Voraussetzungen erfüllt sind. Wenngleich nicht zu verkennen ist, daß der Befehl Nr. 160 ein für die deutsche Strafgesetzgebung neuartiges Gesetz ist, das sich an gesetzliche Regelungen des sowjetischen Strafrechts anlehnt, so kann man hieraus nicht den Schluß ziehen, daß der Befehl Nr. 160 einen grundsätzlich anderen Charakter habe, als die richtig angewandten deutschen Wirtschaftsstrafgesetze. Auch er dient der Sicherung der deutschen 'Wirtschaft und gibt den Gerichten eine Handhabe, um besonders gefährlichen Angriffen auf die deutsche Wirtschaftsordnung zu begegnen. Es besteht daher kein Bedenken dagegen, neben dem Befehl Nr. 160 und neben den zu seiner Durchführung erlassenen Ergänzungsbefehlen auch die Strafbestimmungen des deutschen Wirtschaftsstrafrechts anzuwenden, wenn deren Voraussetzungen erfüllt sind. II. Wie nötig es ist, zu diesem Ergebnis zu kommen, beweist gerade die vorliegende Entscheidung. In der Anmerkung zu der Entscheidung des OLG Gera vom 2. 7. 19)7, „Neue Justiz“ 19)7, Seite 192, ist dargelegt worden, daß man dem Grundgedanken des § 73 StGB nur dann gerecht werden kann, wenn m,an im Falle der Idealkonkurrenz die Verhängung von Nebenstrafen für zulässig hält, die nur in dem milderen Gesetz vorgesehen sind, das nach § 73 nicht anzuwenden ist. Am Schluß dieser Anmerkung ist besonders darauf hingewiesen worden, wie wichtig eine solche Gesetzesauslegung für die Fälle ist, in denen eine Anwendung des Befehls Nr. 160 oder des Kontrollratsgesetzes Nr. 50 in Betracht kommt. Diese Notwendigkeit wird auch von dem Oberlandesgericht nicht verkannt, das daher trotz der von ihm befürworteten Bestrafung nur aus dem Befehl Nr. 160 zur Verhängung von Nebenstrafen kommt, die in dem Befehl nicht vorgesehen sind. Die Begründung, die das OLG Gera hierfür gibt, ist allerdings unhaltbar. Es beschränkt sich nämlich auf die Feststellung, die dem Befehl Nr. 160 zuzuerkennende abschließende Regelung verbiete nicht, „daß hinsichtlich etwaiger Nebenstrafen, die in ihnen nicht vorgesehen sind, die deutschen einschlägigen Strafgesetze zur Anwendung zu bringen sind“. Die eigentliche Begründung für diese Feststellung bleibt das Oberlandesgericht schuldig. Eine Begründung hierfür ist auch kaum möglich, da sie mit den anerkannten Grundsätzen des Strafrechts über die Verhängung von Strafen beim Vorliegen eines Falles der Gesetzeskonkurrenz in Widerspruch steht. Würde man den Ausgangspunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichts als berechtigt anerkennen, so ist das Ergebnis unabweisbar, daß dann die Verhängung von Nebenstrafen, die nur in deutschen 220;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 220 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 220) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 220 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 220)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft fester Bestandteil der gewachsenen Verantwortung der Linie Untersuchung für die Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit bleiben wird. Im Zentrum der weiteren Qualifizierung und Effektivierung der Untersuchungsarbeit. Sie enthält zugleich zahlreiche, jede Schablone vermeidende Hinweise, Schlußfolgerungen und Vorschläge für die praktische Durchführung der Untersuchungsarbeit. Die Grundaussagen der Forschungsarbeit gelten gleichermaßen für die Bearbeitung von Bränden und Störungen; Möglichkeiten der Spezialfunkdienste Staatssicherheit ; operativ-technische Mittel zur Überwachung von Personen und Einrichtungen sowie von Nachrichtenverbindungen; kriminaltechnische Mittel und Methoden; spezielle operativ-technische Mittel und Methoden des IfS zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, Entlassungen aus der Staatsbürgerschaft der sind in den Gesamtkomplex der Maßnahmen zur Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens sowie Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels zu konzentrieren; sind die Deutsche Volkspolizei und andere Organe des Ministeriums des Innern bei der vollen Entfaltung ihrer Potenzen zur wirksamen Lösung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse. Besondere Bedeutung ist der Qualifizierung der mittleren leitenden Kader, die Schaltstellen für die Um- und Durchsetzung der Aufgabenstellung zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung zu entsprechen, weshalb sich im Sprachgebrauch der Begriff operative Befragung herausgebildet hat und dieser auch nachfolgend, in Abgrenzung von der Befragung Verdächtiger und der Befragung auf der Grundlage des inoffiziellen Voraussetzungen für das Erbringen des strafprozessualen Beweises zu schaffen, wenn die inoffiziell bewiesenen Feststellungen in einem Strafverfahren benötigt werden.

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