Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 207

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 207 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 207); riei) dagegen liegt die nihilistische verantwortungslose Form der Kriegsauflösung durch einseitiges Friedensstatut der Siegermächte, die permanente Intervention im Kolonialstil. In der Konsequenz der Okkupationstheorie aber läge die Annahme einer faktischen Waffenstillstandsepoche mit einem erst durch einen Friedensvertrag beendeten Widerstandsrecht. Auch an diesen Folgerungen zeigt sich die Irrealität der Okku-pations-, die Amoralität der Debellationstheorie, die alleinige konkrete Adäquanz1") der Interventionsthese in dem hier entwickelten Sinn. Sie beantwortet uns auch die Frage nach der Notwendigkeit und der Aktivlegitimation zum Erlaß eines Besatzungsstatuts. Eine kommissarische Diktatur kennt keine rechtsstaatlichen Kompetenzabgrenzungen mit Rechtstiteln, Rechtsmitteln u. dgl.; das widerspricht ihrem Wesen. Ihre Verfassung ist bestimmt durch Anlaß und Ziel, durch den Inhalt des Commis-soriums. Das in den veröffentlichten Konferenzprotokollen niedergelegte Interventionsprogramm ist die ausreichende und erforderliche Satzung dieser Phase18). Nur wer nicht an raschen Frieden denkt, kann mehr fordern. Er verwandelt damit ipso facto die kommissarische in eine souveräne Diktatur, in einen Zustand politischer Annektion. Ein Besatzungsstatut ist nur dann erforderlich und angemessen, wenn der Friedensvertrag uns eine langfristige Dauerbesetzung auferlegen sollte; es ist dann Teil dieses Vertrages. Würde aber selbst der Erlaß eines vorläufigen Statuts in Frage kommen, so nur durch die, die das Interventionsprogramm ohne Widerspruch durch irgendeinen der jetzt in der UN vertretenen Staaten aufgestellt haben: die Hauptsiegermächte. Es wäre irrealistische Rechtsauslegung (eine contradictio in ad-jecto) oder blanke Rechtspolitik, wollte man einen Verzicht dieser Mächte zugunsten der UN aus einer Klausel herauslesen, die im ersten Augenblick des Impro-visierens Vorbehalten, von niemandem seitdem herangezogen wurde, und der allein schon durch den zwischenzeitlichen Eintritt vieler nichtkriegführender Mächte in die UN die Grundlage entzogen wäre. Gemeint ist jene von Zinn1) aus der Versenkung geholte Wendung in Punkt 4 der Kapitulationsurkunde vom 8. 5. 1945, in der die Entgegennahme der militärischen Kapitulation als nicht-präjudiziell (nämlich für spätere politische Regelungen) erklärt und für ganz Deutschland ein anderweitiges Übergabe-Reglement durch die Vereinten Nationen oder in deren Namen Vorbehalten wird. Gewiß ist mit Zinn die Annahme Moslers20) zu verwerfen, die Berliner'Deklaration vom 5. 6. 45 sei dieses im Mai vorbehaltene Instrument, und zwar aus der einfachen Erwägung, daß die Deklaration von den vier alliierten Oberbefehlshabern und weder mit Ermächtigung noch im Namen der UN erlassen ist. Indessen besteht kein Zweifel, daß der Vorbehalt aus den dargelegten Erwägungen entfallen, zumindest aber obsolet geworden ist21). III. III. Die Forderung eines vorläufigen Besatzungsstatuts verkennt rechtlich das Wesen der ersten Interventionsphase, die Verweisung auf eine angebliche Zuständigkeit der Vereinten Nationen aber entfernt sich noch weiter von der tatsächlichen Entwicklung. Indem sie scheinbar darauf ausgeht, unser Leben selbständiger und übersichtlicher zu machen, würde sie die empfundenen Beschwerden symptomatisch vielleicht etwas lindern, sie dafür aber chronisch machen und die schon jetzt schwierige Gemeinschaftsarbeit unserer Pfleger durch Einführung neuer „neutraler“, d. h. interventions- fremder Instanzen weiter komplizieren. Die „entscheidende Rechtsfrage“ ist die rasche Bildung einer demokratischen Nationalregierung, die Schaffung einer formell und substantiell demokratischen”) Verfassung und der Abschluß eines rechtsbeständigen Friedensvertrages, durch den das deutsche Volk die Haftung für die Schulden übernimmt, die es sich von seinen verantwortlichen Führern auferlegen ließ, der ihm aber zugleich die völkerrechtliche Handlungsfreiheit prinzipiell wiedergibt. Rechtliche Probleme der Wirtschaftsplanung Von Dr. Martin Drath, Professor an der Universität Jena Wirtschaftsplanung wird heute in Deutschland allenthalben und unter den verschiedensten Gesichtspunkten diskutiert, unter ökonomischen, sozialen, kulturellen und selbst ethischen, aber erstaunlicherweise am wenigsten unter rechtlichen Gesichtspunkten. Wirtschaftsplanung wird auch heute in Deutschland allenthalben in mehr oder weniger großem Umfange praktiziert, aber ohne daß dabei die rechtliche Seite die Beachtung fände, die sie verlangt; man hilft sich mit dem Reichsleistungsgesetz, mit sonstigen Vorkriegs- und Kriegsgesetzen und -Verordnungen des Nationalsozialismus, mit einigen neueren Spezialvorschriften für Teilgebiete, mit ausdrücklichen Anordnungen oder mit bloßem Einverständnis der Besatzungsmächte und oft auch ohne klare Rechtsgrundlagen; man setzt vielfach die Kriegszwangswirtschaft rechtlich und praktisch einfach fort, als ob sich nicht viel geändert hätte und zu ändern brauchte, und empfindet dies nicht einmal als bedenklich. Doch ist es das in hohem Maße! Es ist doch wohl ein selbstverständliches rechtsstaatliches Erfordernis, aus dem „Schwimmen“ auf diesem wichtigen Gebiete zu rechtlich einwandfrei fundierter Verwaltung zu kommen. Außerdem zwingt nichts so sehr zu klarer Durchdenkung des Gesamtkomplexes und aller Einzelheiten der Verwaltungspraxis wie die Notwendigkeit, in Normen zu fassen und in eine Rechtsordnung einzufügen, was sonst bloße Praxis bleibt, die sich überwiegend an dem erstrebten wirtschaftlichen Erfolge orientiert, aber nicht an der Einhaltung rechtlicher Bestimmungen. Gesetzgebungsarbeit aber wirft klare Probleme auf, die klare Antworten verlangen. Dies gilt bis hinein in die Verwaltungstechnik der Planung, und das kann für diesen bedeutsamen Verwaltungszweig selbst nur vorteilhaft sein. Denn Wirtschaftsplanung wird uns noch lange beschäftigen, auch wenn wir sie nicht prinzipiell als eine Daueraufgabe betrachten, um die Mängel der freien Marktwirtschaft, das Schwanken zwischen Konjunktur und Krise und das Nebeneinander von Mangel und Überfluß zu beseitigen, sondern wenn wir nur die heutige akute Mangellage, das Mißverhältnis zwischen Bedarf und Leistung im Auge haben. Außerdem geht es grundsätzlich nicht an, daß man in Deutschland die Wirtschaftsplanung weitgehend hinnimmt sozusagen als eine Fortsetzung der wirtschaftlichen Methoden der vergangenen fünfzehn Jahre! So kann niemals eine Erneuerung unseres staatlichen und rechtlichen Denkens und Lebens zustande kommen. Es bedeutet daher ein außerordentlich wichtiges Ereignis, daß im Lande Thüringen ein Wirtschaftsplanungsgesetz beschlossen worden ist, das „Gesetz betreffend die Aufgaben und Befugnisse des Amtes für Landes- und Wirtschaftsplanung im Ministerium für Wirtschaft* Arbeit und Verkehr“ vom 30. 5. 1947 (ab- * ) Kelsen, bekanntlich der Schöpfer dieser These, geht soweit, aus ihr abzuleiten, das internationale Militärtribunal für die Bestrafung der Hauptkriegsverbrecher müsse als innerdeutsches Gericht angesehen werden. (American Journal of International law, Bd. XXXIX, S. 518 ff.) u) Im Ergebnis zustimmend Mosler: SJZ 1947, Sp. 368. “) Damit ist aber auch in diesem ersten Stadium ein schrankenloser Besatzungsabsolutismus ausgeschlossen, wie er bisweilen auch von deutscher Seite angenommen wird, z. B. von Karl Schmid (bei Zinn aaO S. 9), von Karl Jaspers (bei Arndt a. a. O. S. 112) u. a. 19 19) Zutreffend Arndt, aaO S. 112. * ) Hermann Mosler: SJZ 1947, S. 362 ff., bes. S. 365. *■) Im Ergebnis ebenso freilich aus positiv historischen Erwägungen Sauser-Hall aaO. S. 24. Ihm zufolge ging man bei Aufnahme des Punktes 4 davon aus, daß sich nach der bedingungslosen militärischen Kapitulation irgendeine nationale Regierungsgewalt in Deutschland konstituieren könnte, der gegenüber eine politische Zwischenregelung (offenbar vertraglicher Art) durch Punkt 4 Vorbehalten sein sollte. Indessen erwies sich diese Annahme als irrig und die Klausel damit als illusorisch. „Mais l’effondrement total du Reich et la dispari-tion de toute son organisation constitutionnelle ont rendu cette clause illusoire.“ n) Zutreffend Arndt, aaO S. 112. 207;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 207 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 207) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 207 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 207)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen führen die Dienstaufsicht für die in ihrem Dienstbereich befindlichen Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit durch. Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen sind verantwortlich für die ordnungsgemäße Anwendung von Disziplinarmaßnahmen. Über den Verstoß und die Anwendung einer Disziplinarmaßnahme sind in jedem Fall der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft an Jugendlichen, Ausländern und Strafgefangenen. Der Vollzug der Untersuchungshaft an Jugendlichen, Ausländern und Strafgefangenen hat unter Berücksichtigung folgender zusätzlicher Regelungen zu erfolgen. Vollzug der Untersuchungshaft an Jugendlichen-. Die Untersuchungshaft an Jugendlichen ist entsprechend ihren alters- und entwicklungsbedingten Besonderheiten zu vollziehen. Die inhaltliche Gestaltung der erzieherischen Einflußnahme auf Jugendliche während des Vollzuges der Untersuchungshaft die ihnen rechtlich zugesicherten Rechte zu gewährleisten. Das betrifft insbesondere das Recht - auf Verteidigung. Es ist in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Rostock, Schwerin, Potsdam, Dresden, Leipzig und Halle geführt. Der Untersuchungszeitraum umfaßte die Jahie bis Darüber hinaus fanden Aussprachen und Konsultationen mit Leitern und verantwortlichen Mitarbeitern der Abteilung Staatssicherheit und den Abteilungen der Bezirks-VerwaltungenAerwaltungen für Staatssicherheit Anweisung über die grundsätzlichen Aufgaben und die Tätig-keit der Instrukteure der Abteilung Staatssicherheit. Zur Durchsetzung der Beschlüsse und Dokumente von Partei und Regierung und das konkrete und schöpferische Umsetzen in die tägliche Aufgabenerfüllung die konsequente Einhaltung der gesetzlichen, Bestimmungen, der Befehle und Weisungen des Genossen Minister und der Dienstvorgesetzten sowie der Einhaltung der Normen Staatssicherheit . Sie ist eine entscheidende Bedingung der Kampfkraft der Diensteinheit.

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