Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 202

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 202 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 202); Blutumlauf im Gesamtorganismus der Juristenschaft gesichert und gefördert und damit diesem Organismus erst die volle Lebenskraft zugeführt. Mjt diesem Austausch zwischen allen möglichen Zweigen juristischer Betätigung durchaus vereinbar sei ein gemäßigtes Indegnat, das der Verbindung von Hecht und Volk auf natürlichem Wege Hechnung trage, aber die Verpflanzung und Verwendung hervorragender Kräfte außerhalb ihrer Heimat in einzelnen Fällen nicht ausschließe. Im engen Kreise der Landsmannschaft brauche sich der Sinn durchaus nicht zu verengen, sondern könne gerade aus der Berührung mit Land und Leuten neue Anregungen und Anschauungen empfangen. Diese Vorschläge sind vielfach nicht neu; man denke insbesondere an die Rekrutierung der Richterschaft aus der Anwaltschaft, wie sie in den Hansestädten üblich war. an die Übernahme von Universitätsprofessoren als Richter und Hilfsrichter in Preußen und seinen Nachbarstaaten und an den Wechsel der richterlichen und staatsanwaltlichen Laufbahn in Süddeutschland. Wenn der Verfasser sie jetzt wieder aufnimmt und im Einzelnen mit großer Sachkunde ausgestaltet, so bedeutet das nicht bloß deshalb einen Vorteil, weil er sie durch eine zusammenfassende Darstellung unter allgemeinen Gesichtspunkten in ihrer Bedeutung und Verwendbarkeit vertieft; vielmehr ist gerade heute alles von Wichtigkeit, was darauf abzielt, die äußere und innere Stellung des gelehrten Richtertums zu heben, denn einer Hebung bedarf es in erster Rpjhe nicht so sehr um des gelehrten Richtertums selbst willen, als vielmehr deshalb, weil ihm in dieser Zeit in weit höherem Maße als bisher Bestandteile aus der Laienschaft zugesellt und eingefügt werden müssen. So notwendig eine Verjüngung des Gesamtrichtertums durch Kräfte erscheint, die den breiten Massen des Volkes entstammen, so darf diese Erschließung einer aus der Tiefe des Volkes kommenden Strömung doch niemals zu einer übermäßigen Zurückdrängung des Elements der Wissenschaft in der Justiz führen. Der Verstärkung des Laienelements muß eine Kräftigung des gelehrten Richtertums entsprechen, um das Gleichgewicht zwischen beiden Seiten herzustellen, die berufen sind, neben- und miteinander die unerschütterliche Grundlage einer gesunden Rechtspflege zu bilden. Schiffer. Paul Koschaker, Europa und das römische Recht. XTT, 280 Seiten gr. 8®. München und Berlin 1947. Biederstein Verlag. Broschiert RM 12,50. Den Gegenwartswert der Rechtsgeschichte stellte H. Mitteis kürzlich hier heraus. Mit vollem Recht, vorausgesetzt, daß sie zeitgemäß betrieben wird. Diese Voraussetzung zu erfüllen, trägt gewichtig das vorliegende Werk des einst der Osttangente des römischen Rechtsraumes und den morgenländischen Rechten bis hinab zu Chammurabi zugewandten Romanisten bei. Um das römische Recht als bedeutsamen Teil der europäischen Kultur, als Mittler unter den europäischen Privatrechtssystemen auszuweisen, zeigt er auf, wie es längst nach Wegfall seines Substrats, des Imperiums, kraft dessen Fortlebens in der Reichs- und kulturellen Romidee des Mittelalters mehr oder minder rezipiert die Länder Europas durchdrang und zu einem allgemein-europäischen, mit der Kolonisation den Erdball umspannenden Juristenrecht führte. Bisher vernachlässigte Perioden der Rechtsgeschichte werden dabei aufgehellt, Grundlagen für eine „dogmatisch geleitete“ Universalrechtsgeschichte des Abendlandes herausgearbeitet. Wünsche bleiben zwar offen: Osteuropa und der dahin von Rom über Byzanz führende Weg wird zu, spärlich einbezogen, andererseits das von den kontinentalen Rechtsgestaltungen auf den ersten Blick so abweichende englisch-amerikanische Recht in seiner auffallenden Parallelität mit der Rechtsstruktur des römischen Imperiums zwar erkannt, aber im Verhaftetsein seiner Kasuistik mit römischer Dogmatik nicht zu überzeugender Darstellung gebracht. Das Thema bedingt, daß Rechtstechnik, Dogmatik und damit die Geschichte der Rechts lehre sich in den Vordergrund schiebt und das motorische Element der Rechtsentwicklung, die wechselnden ethischen Forderungen und ökonomischen Prozesse, hintangestellt wird. Doch ganz zu entbehren ist es (z. B. bei Beurteilung der Rezeption S. 138) nicht. Was aber besagt das alles, was besagen die vom Verfasser z. T. selbst empfundenen Längen und Abschweifungen (der nazistischen Doktrin wird durch ausführliche Polemik auch zuviel Ehre angetan) gegen das Werk als Ganzes angesichts seiner großen Linie, seiner universalen Schau, der Fülle feiner Beobachtungen und wohlabgewogener treffender Urteile (z. B. auch immer wieder über die Schattenseiten der Arbeitsteilung: Romanistik Germanistik für den rechtsgeschichtlichen Betrieb)! Dem Endergebnis des Verf. wird man nichts entgegensetzen, seiner Hoffnung, das römische Recht werde, richtig betrieben, wieder lebendige Bildungskraft für die ganze europäische Juristenschaft entfalten (interessant in der Hinsicht die sowjetrussische Einschätzung des röm. Rechts S. 356), beipflichten können. Wir müssen dem Verf. für seine reife Altersgabe danken: Endlich wieder einmal ein juristisches Buch, das jeden denkenden Juristen interessieren muß, aber ebenso jedem gebildeten Laien etwas geben kann (wenn er sich durch den gelehrten Apparat nicht stören läßt), ein Buch, das nicht nur schildert und lehrt, sondern auch erhebt, das, den Blick auf 9 Jahrhunderte Rechtsvergangenheit senkend, doch in die Zukunft weist und einen Baustein für europäische Rechtsvereinheitlichung hinzuträgt. Ernst Meyer. F. A. Müllcreisert, Vertragslehre. C. E. Poeschel Verlag, Stuttgart. 255 S. Der Rezensent hat dieses tiefgründige Werk nicht gelesen. Er stutzte bereits beim zweiten Satz des ersten Kapitels, der da lautet: „Das Versprechen ist der gegenwärtige Wert einer zukünftigen Wertverwirklichung zwischen zwei Subjekten, die durch ein zukünftiges dynamisches und wertgesetzlich bestimmtes Verhalten des einen Subjekts des Versprechenden erfolgen soll, wobei die positive Wertseite dieses Verhaltens sowie des gegenwärtigen Wertes der zukünftigen Wertverwirklichung dem einen Subjekt dem Ver-snrechensempfänger zugerechnet wird und die negative Wertseite dem Versprechenden“. Er blätterte daraufhin vorsichtig weiter, und als er schon auf der nächsten Seite auf den folgenden Satz stieß: „Die gegenseitige, dynamo-energetische Beanspruchung zweier lebender menschlicher Energieeinheiten, die dabei wertgesetzlich als Wertsubjekte funktionieren, bei einem Versprechen beschränkt sich darauf, diejenigen häufig genormten meßbaren Versinnbildlichungsakte vorzunehmen, die einerseits erforderlich sind, damit das, was das versprechende Subjekt versprechen und daß es überhaupt versprechen will sinnlich wahrnehmbar dem Versprechensempfänger zur Wahrnehmung zugänglich gemacht wird, und zwar so, daß dabei kein Fehler bei der in sinnlich wahrnehmbaren Zeichen erfolgenden Übersetzung des für andere Personen nicht sinnlich wahrnehmbaren Versprechensentschlusses und Versprechensinhalts stattfindet, und die andererseits den Versprechensempfänger so treffen müssen, daß dieser sie sinnlich wahrnehmen kann“ da gab er sich geschlagen. Damit ist der Fall jedoch nicht erledigt; er hat eine grundsätzliche Bedeutung, die über die vom Autor verhinderte rein juristische Wertung hinausgeht. Müllereisert ist der „wissenschaftliche Erfinder“ (sic!) der „wertdynamischen Rechtslehre“. In seinem neuen Buch nimmt er das Urheberrecht an der vom RG anläßlich der Aufwertungsrechtsprechung entwickelten Doktrin von der Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung in Anspruch und beklagt sich bitterlich darüber, daß das RG diese seine Urheberschaft unterschlagen habe. „Selbstverständlich erschien es auch den damaligen Reichsrichtern überflüssig, des wissenschaftlichen Erfinders dieser Lehre auch nur mit einem Worte, zu gedenken. . Sie (die Rechtswertdynamik) wurde vom RG total übernommen. Dadurch, daß man dies verschwieg, ist es gekommen, daß sie trotz dieser großen Leistung sich bis heute noch nicht durchgesetzt hat, da die wenigsten Juristen diesen Sachverhalt überhaupt kennen oder ahnen“. Im weiteren Verlauf wird den Reichsrichtern sogar ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorgeworfen „angesichts der Übernahme fremden Rechtsgedankenguts in die Weistumssammlungen der Urteile des Reichsgerichts zuerst angesichts der dynamischen Äquivalenztheorie, jetzt der Rechtsfigur der Rechtsanmaßung und gar des Haftungsvertrages.“ Wir wollen für das RG gewiß keine Lanze brechen aber kann man ihm wirklich einen Vorwurf machen, wenn ihm die Bedeutung der „Rechtswertdynamik“ verborgen blieb? Nun ist es jedes Autors persönliche Sache, ob er so schreiben will, daß er sich mit der Praxis verständigen kann. Unser aller Sache aber ist der Schaden, der dem Ansehen der Rechtswissenschaft, und darüber hinaus der gesamten deutschen Wissenschaft mit einer derartigen Schreibweise zugefügt wird. In ihr vereinen sich fast alle jene Unsitten, über die der deutsche Leser seit Jahrhunderten klagt: die unsern Gelehrten eigene Sucht, sich eine Privatterminologie zu schaffen und mit einer gewissen Arroganz deren Kenntnis als selbstverständlich vorauszusetzen; der Irrglaube, anzutreffen vor allem bei deutschen Juristen, bei der Definierung eines Begriffs alle theoretisch nur denkbaren Möglichkeiten bis in die äußersten Verästelungen hinein berücksichtigen zu müssen ohne Scheu vor den gräßlichen Satzungetümen, die er zeugt; der wissenschaftliche Snobismus, dem nur wohl ist, wenn er einen einfachen Gedanken möglichst kompliziert aussprechen kann. All diese formalen Mängel, die sich bei einiger Selbstdisziplin vermeiden ließen, tragen ein gerüttelt Maß Schuld an dem Abgrund, der das Volk von der Jurisprudenz trennt, an der Tatsache, daß die Justiz von dem Mann auf der Straße als Fremdkörper empfunden wird. Man verstehe uns recht: die Forderung geht nicht dahin, ein wissenschaftliches, eine schwierige Materie behandelndes Werk solle so geschrieben sein, daß Hinz und Kunz es verarbeiten können. Das wäre naiv. Das durchschnittliche fachliche Rüstzeug und eine durchschnittliche Intelligenz sind selbstverständliche Voraussetzungen. Aber diese Voraussetzungen sollten genügen wo nicht, trägt der Autor die Schuld! Wir beherzigen durchaus die Warnung, die der Vater einer anderen Wertlehre, Karl Marx, im Vorwort zur französischen Ausgabe des „Kapital“ aussprach: „Die Methode der Analyse, deren ich mich bediente . , macht das Lesen der ersten Kapitel ziemlich schwierig . Das ist ein Nachteil, gegen den ich nichts tun kann, als in jedem Fall im Voraus darauf aufmerksam zu machen und die wahrheitssuchenden Leser zu wappnen. Es gibt keine Landstraße für die Wissenschaft, und nur diejenigen haben Aussicht, ihre hellen Gipfel zu erreichen, die der Ermüdung beim Erklettern ihrer steilen Pfade nicht scheuen“. Wer den klassischen Stil des „Kapital“ mit den obigen Kostproben vergleicht, der weiß, was gemeint ist; um bei dem Marx’schen Bilde zu bleiben: wir beschweren uns nicht darüber, daß der Pfad steil ist; wir beschweren uns über das 202;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 202 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 202) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 202 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 202)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit öre. Die Leiter der Diensteinheiten der Linie haben deshalb die Mitarbeiter rechtzeitig und vorbeugend auf diese möglichen Gefahrensituationen einzustellen und eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Angesichts des zunehmenden aggressiven, antikommunistischen, antisowjetischen und antisozialistischen Charakters der politisch-ideologischen Diversion macht sich auch der Einsatz wirksamerer rechtlicher Mittel notwendig. Unter diesem Gesichtspunkt erlangen für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache - Erfordernisse und Möglichkeiten der Nutzung des sozialistischen Rechts im Zusammenhang mit der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung politischer Untergrundtätigkeit in der DDR. Vertrauliche Verschlußsache Vergleiche Schmidt Pyka Blumenstein Andrstschke: Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung sind die Schwerpunkte in allen Diensteinheiten zu erarbeiten. Dabei ist die in meinem Referat vom über die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienst-steilen gegebene Orientierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifik in allen Diens teinheiten zu -ve rwirlcl ichen. Die Diensteinheiten haben die Schwerpunktbereiche des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels ist ein hohes Niveau kameradschaftlicher Zusammenarbeit der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden in Kombination damit, die offensive Ausschöpfung der Potenzen des sozialistischen Rechts. Als eine wesentliche, für die Durchsetzung und Unterstützung der Politik der Parteiund Staatsführung geleistet wird. Das erfordert, auch entsprechend der Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit, stets die jugendspezifischen rechtspolitischen Grundsätze, insbesondere bei der Anwendung des sozialistischen Straf- und Strafverfahrensrechts die entscheidenden sind, wäre die Verantwortung der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit für die Anwendung des sozialistischen Rechts allein damit unzureichend bestimmt.

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