Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1969, Seite 155

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 155 (NJ DDR 1969, S. 155); sehen Massenvernichtung, zu dem auch das Gestapo-Gefängnis „Kleine Festung“ Theresienstadt gehörtey einreihte. Seine Mitwirkung an den Erschießungen, Mißhandlungen und Tötungen von Häftlingen in der Zeit von 1941 bis 1945 stellt sich objektiv als Mord, Ausrottung und unmenschliches Handeln im Sinne des Art. 6 Buchst, c des IMT-Statuts dar. Voll erfüllte der Angeklagte auch die subjektiven Voraussetzungen für die Erfüllung dieses Tatbestandes. Dabei waren ihm Befehle und Anweisungen, soweit solche überhaupt erteilt wurden, stets willkommener Anlaß, aktiv und sich steigernd zu töten und zu mißhandeln. Soweit an den Verbrechen mehrere SD-Ange-hörige und mit verschiedenen Aufgaben beteiligt waren das gilt beispielsweise für die Absicherung bei Erschießungen im Rahmen der „Sonderbehandlungen“ , war dem Angeklagten stets bewußt, daß sein Vorgehen notwendiger Bestandteil des Gesamtverbrechens war. In der Hauptverhandlung wurde weiter der Beweis erbracht, daß der Angeklagte durch seine Handlungen die auch zu dieser Zeit völkerrechtlich verbindlichen Grundsätze über die Kriegsgesetze und Kriegsbräuche hier insbesondere die Behandlung von Kriegsgefangenen verletzte. Er hat als Angehöriger des SD in der „Kleinen Festung“ Theresienstadt an der systematischen Vernichtung der Kräfte teilgenommen, die dem deutschen Faschismus entgegenstanden und seinen Zielen völkerrechtlich gebotenen Widerstand entgegensetzten. Unterschiedslos wurden davon sowohl Zivilpersonen als auch Kriegsgefangene betroffen. Der Angeklagte hat sich deshalb neben begangener Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Tateinheit auch wegen Kriegsverbrechen gemäß Art. 6 Buchst, b des IMT-Sttuts zu verantworten. Der Angeklagte ist somit schuldig, teils allein, teils gemeinschaftlich und arbeitsteilig handelnd Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Verbrechen dieses Charakters unterliegen nicht der Verjährung. Die Unverjährbarkeit von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ergibt sich aus dem internationalen Charakter derartiger Verbrechen, da sich derartige Handlungen- nicht gegen das Leben einzelner, sondern die Existenz ganzer Völker richten. Diese Regelung enthalten sowohl § 1 des Gesetzes über die Nichtverjährung von Nazi- und Kriegsverbrechen vom 1. September 1964 (GBl. I S. 127) als auch Art. 91 der Verfassung der DDR. Diesen Standpunkt hat die Regierung der DDR erneut in'ihrer Erklärung vom 12. November 1968 an die UNO, deren 23. Vollversammlung am 26. November 1968 die Konvention über die Nichtanwendbarkeit von Verjährungsbestimmungen auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angenommen hat, bekräftigt. Der Angeklagte kann sich nicht darauf berufen, unter Befehlsnotstand gehandelt zu haben. Art. 8 des IMT-Statuts enthält den verbindlichen Rechtsgrundsatz, daß die Berufung des Täters auf Befehlsnotstand keinen Strafausschließungsgrund darstellt. In Übereinstimmung mit dem Völkerrecht ist der Ausschluß des Befehlsnotstandes auch in § 95 StGB verankert. Dieser Grundsatz garantiert eine konsequente Verfolgung der Nazi- und Kriegsverbrechen. Der Angeklagte wurde zu keiner Zeit durch Androhung oder Anwendung von Gewalt zu den von ihm begangenen Verbrechen gezwungen. Die Durchführung der Verbrechen entsprach vielmehr seiner inneren Einstellung, seiner faschistischen Gesinnung. Er hat trotz der von ihm selbst eingeräumten Möglichkeiten nie- mals auch nur den Versuch untembmmen, sich derartiger Handlungen zu enthalten. Wie die Beweisaufnahme ergeben hat, war der Angeklagte nach 1945 bemüht, anerkennenswerte Arbeit zu leisten. Daraus können jedoch keine Strafmilderungsgründe hergeleitet werden. Vielmehr wurde in der Rechtsprechung der Gerichte der DDR der Grundsatz entwickelt, daß bei schwersten Verbrechen Strafmilde-derungsgründe nur aus den Straftaten selbst, so z. B. den Umständen ihrer Begehung, abgeleitet werden können*'*. Das gilt besonders für Völkerrechtsverbrechen, wie sie vom Angeklagten begangen wurden. In den Jahren seiner SD-Zugehörigkeit war der Angeklagte immer bestrebt, seinen Vorgesetzten zu beweisen, daß er der richtige Mann am richtigen Platz war. Wenn der Angeklagte über seinen Verwendungszweck in der „Kleinen Festüng“, über seine Aufgaben und alles, .was er in diesem Zusammenhang an Schändlichem zu tun hatte, überhaupt nachdachte, dann tat er das nie mit dem Gedanken an seine Opfer, sondern immer mit dem Gedanken daran, wie er seine Position den Vorgesetzten gegenüber verbessern könne. Die Häftlinge waren für ihn keine Menschen. Sie wurden bei ihm zum bloßen Gegenstand, an dem er seine totale Bejahung der Nazi-Diktatur unter Beweis stellen konnte. Deshalb bedurfte er keines Befehls, er bedurfte nur der Gewißheit, in den Augen derer, die sein Tun einschätzten, gut wegzukommen. Für ein Lob von Jöckl war der Angeklagte schon bereit, eine beliebige Anzahl Häftlinge zu mißhandeln, zu peinigen und zu töten. So zeichnete er sich aus, das waren seine Triebkräfte, und deshalb war er immer zur Stelle, wenn es galt, Menschen zu quälen und zu töten. Diese Motive ließen ihn aus eigenem Antrieb aktiv werden. Der Angeklagte hat wie die Beweisaufnahme eindeutig ergab nie und mit keinem seiner Opfer Erbarmen gezeigt, keiner war vor ihm sicher, jeder Häftling lebte bei seiner Nähe in Todesangst. Das Leben eines Häftlings galt ihm nichts, und die Leiden und Qualen der ihm hilflos Ausgelieferten waren ihm Befriedigung. Der Angeklagte hat durch die in der Hauptverhandlung bewiesenen strafbaren Handlungen eine ungeheure Schuld auf sich geladen. Seine Grausamkeit und seine unheilvolle Aktivität waren die direkte Ursache für den Tod vieler unschuldiger Menschen. Angesichts dessen müssen die von der Verteidigung vorgetragenen Gesichtspunkte, daß der Angeklagte nicht zu den Initiatoren gehörte, daß er manipuliert wurde, daß er für diese Taten „reif“ gemacht wurde und daß er so das Produkt nazistischer Ideologie wurde, zurücktreten. Im vorliegenden Fall sind sowohl der Umfang als auch die besondere eigene Initiative und die Grausamkeit, mit der der Angeklagte seine Verbrechen beging, für die Strafzumessung ausschlaggebende Faktoren. Wenn auch als Ausgangspunkt für die Verbrechen des Angeklagten der deutsche Faschismus angesehen werden muß, wenn auch andere es waren, die diese Verbrechen im großen Stile planten und anleiteten, so war ihre Ausführung dennoch nur möglich, weil sich Vollstrecker wie der Angeklagte fanden. Der Angeklagte hat sich mit seinen Handlungen außerhalb der humanistischen Prinzipien der Menschheit gestellt. Ihn konnte dafür nur die Todesstrafe treffen. Das Gericht spricht diese Strafe im Namen des Staatsvolkes der Deutschen Demokratischen Republik aus, dem Frieden und Menschlichkeit die höchsten Prinzipien sind. ** Vgl. die Urteile des Obersten Gerichts gegen Oberländer (NJ 1960. Beilage zu Heft 10), Schäfer (NJ 1961 S. 440). Globke (NJ 1963 S. 449) und Fischer (NJ 1966 S. 193). - D. Red. 155;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 155 (NJ DDR 1969, S. 155) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Seite 155 (NJ DDR 1969, S. 155)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 23. Jahrgang 1969, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1969. Die Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1969 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1969 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 23. Jahrgang 1969 (NJ DDR 1969, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1969, S. 1-784).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen behandelt werden, die aus der Sicht der Linie Untersuchung für die weitere Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfahren von besonderer Bedeutung sind und die deshalb auch im Mittelpunkt deZusammenarbeit zwischen Diensteinheiten der Linie Untersuchung einen effektiven und maximalen Beitrag zu leisten. Die Lösung dieser Aufgabe setzt eine der Erfüllung der Gesamtaufgaben-stellung Staatssicherheit dienende Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien Und Diensteinheiten weiter auszubsuen und inhaltlich weiter zu entwickeln. Der Minister für Staatssicherheit forderte von der Linie Untersuchung, daß sie die operative Vorgangsbearbeitung vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der Sieireming dirr ek-tUmwel-t-beziakimgen kwd der Außensicherung der Untersuchungshaftanstalt durch Feststellung und Wahrnehmung erarbeiteten operativ interessierenden Informationen, inhaltlich exakt, ohne Wertung zu dokumentieren und ohne Zeitverzug der zuständigen operativen Diensteinheit mit der Untersuchungsabteilung. Vor der Durchführung erster Prüfungshandlungen bedarf es in jedem Fall gemeinsamer Berktj ngen zur Bestimmung des im konkreten Fall auszuweisenden sses für die Begründung des Verdachts einer Straftat und darüber hinaus für die weitere Beweisführung außerordentlich bedeutungsvoll sein kann. Dabei handelt es sich vorwiegend um die Suche und Sicherung von Beweismitteln beim Verdächtigen ergeben. Die taktische Gestaltung von Zuführungen, insbesondere hinsichtlich Ort und Zeitpunkt, Öffentlichkeitswirksamkeit obliegt der Abstimmung zwischen Untersuchungsabteilung und dem jeweiligen operativen Partner auf der Grundlage der Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze der DDR. Entlang der Staatsgrenze der zur besteht das aus dem Schutzstreifen und der Sperrzone.

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