Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 169

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 169 (NJ DDR 1965, S. 169); worden war; der persönliche Eindruck von der Farbtönung ist dafür nicht entscheidend. Das Gericht hat aber dann eine Augenscheinseinnahme durchzuführen, wenn es durch unmittelbare eigene Wahrnehmungen die Beschaffenheit oder den Zustand von Sachen oder Vorgängen feststellen kann und das durch andere Beweismittel nicht möglich ist. Eine Besichtigung dient aber nicht der Sachaufklärung, wenn das Gericht dabei nicht aus eigener Sachkenntnis Feststellungen treffen kann, sondern nur auf gutachtliche Äußerungen angewiesen ist6. Zur Schätzung des Mehrerlöses Im unmittelbaren Zusammenhang mit der Aufklärung und Feststellung, in welchem Umfang Preisverstöße schuldhaft begangen wurden, steht die Frage, ob es zulässig ist, die Höhe der Preisüberschreitungen zu schätzen. Diese Höhe ist wiederum maßgebend für die Feststellung der Höhe des erzielten Mehrerlöses (viel-- fach identisch damit) und für den Umfang der durch die Preisverstöße bewirkten Schädigung des gesellschaftlichen, privaten oder persönlichen Eigentums. Dieses Problem ergibt sich insbesondere in den Fällen, in denen durch Nachkalkulationen Preisüberschreitungen zwar festgestellt, aber nicht genau berechnet werden können, weil Preisnachweise fehlen oder nicht verwertbar sind. Gegen derartige Schätzungen bestehen grundsätzlich keine Bedenken; gemäß § 4 Abs. 3 PrStrVO ist hinsichtlich des Mehrerlöses die Schätzung ausdrücklich zulässig. Voraussetzung ist jedoch in jedem Fall die Feststellung, daß und welche Preisverstöße schuldhaft begangen wurden. Außerdem darf Grundlage der Schätzung nicht eine von subjektiven Erwägungen bestimmte Annahme von Wahrscheinlichkeitswerten sein. Eine Schätzung muß sich auf exakt festgestellte objektive Kriterien stützen und dadurch hinsichtlich ihrer Richtigkeit den gleichen Sicherheitsgrad aufweisen wie jeder andere Beweis7. Diese Voraussetzungen waren beispielsweise in einem Fall schuldhaft begangener Preisverstöße bei der Verlegung und Reinigung von Rohrleitungen gegeben. Die Schätzung gründete sich darauf, daß durch Kontroll-messungen die Länge und durchschnittliche Tiefe der Rohrleitungen, der Umfang und die Art der für die Arbeiten bewegten Massen und auf der Grundlage vergleichbarer Erfahrungswerte der Aufwand an Arbeitszeit und Material festgestellt werden konnten. Die Schätzung ist auch zulässig, wenn zwar nach richtigen Festpreisen abgerechnet wurde, sich der überhöhte Preis aber z. B. aus unrichtigen Mengen- und Maßangaben ergibt. In dem Strafverfahren gegen L., der mit chemischen Mitteln Kessel- und Heizungsanlagen gereinigt hatte, lagen z. B. für die überwiegende Mehrzahl der Preisverstöße Rechnungen des Angeklagten vor. In diesen waren aber nur in ganz wenigen Fällen konkrete Beträge für die'von ihm gelieferten Materialien angegeben. Sonstige Unterlagen über eigene Materiallieferungen und die aufgewendete Arbeitszeit hatte er nicht aufbewahrt. An Hand vergleichbarer Berechnungen eines anderen Betriebes wurde der. durchschnittliche Mehrerlös auf 87 bis 89 Prozent der Bruttoeinnahmen geschätzt. Um alle Umstände zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, wurde der Mehrerlös auf 85 Prozent der Bruttoeinnahmen festgesetzt. Gegen diese Schätzung des Mehrerlöses auf der Grundlage der Rechnungen des Angeklagten und der exakt kalkulierten Berechnungen des anderen Betriebes für vergleichbare Arbeiten ist nichts einzuwenden. Unzulässig war aber eine Schätzung, bei der von über 100 Rechnungen für geleistete Arbeiten nur 12 Rechnungen genau überprüft wurden und aus ihnen dann der Schluß gezogen wurde, daß in allen anderen Rechnungen ähnliche Preisverstöße Vorgelegen hätten. Zur Einziehung des Mehrerlöses , Gemäß § 4 PrStrVO hat das Gericht, sofern eine Zuwiderhandlung gegen bestehende Preisvorschriften und ein dadurch erzielter Mehrerlös festgestellt wurde, im Urteil über die Verwendung des Mehrerlöses zu entscheiden. So hat es auszusprechen, ob der Mehrerlös an den Staatshaushalt abzuführen oder dem Geschädigten, sofern ein begründeter Antrag vorliegt, zurückzuerstatten ist. Davon darf das Gericht nur absehen, wenn der Angeklagte dem Geschädigten den zu Unrecht erhaltenen Betrag auf Grund eines rechtlich begründeten Rückforderungsanspruchs zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits zurückerstattet hatte. Aus der obligatorischen Pflicht des Gerichts, über die Verwendung des Mehrerlöses zu befinden, folgt, daß darüber das Rechtsmittelgericht zu entscheiden hat, wenn vom erstinstanzlichen Gericht über seine Verwendung nicht entschieden oder der Mehrerlös auf einer unrichtigen Berechnungsgrundlage eingezogen wurde. Diese Entscheidung ist auch dann zulässig, wenn das Urteil nur vom Angeklagten oder vom Staatsanwalt zugunsten des Angeklagten angefochten wurde. Die Einziehung des Mehrerlöses ist eine zwingend vorgeschriebene Sicherungsmaßnahme. Die Einziehung des Mehrerlöses im Rechtsmittelverfahren widerspricht daher nicht dem Verbot der Straferhöhung gern. § 277 Abs. 1 StPO. Die Einziehung des Mehrerlöses zugunsten des Staatshaushaltes richtet sich, sofern ein rechtlich begründeter Rückforderungsanspruch des Geschädigten nicht vorliegt, nur gegen den Täter, der den Mehrerlös erzielt hat8. Dem Täter soll durch die Einziehung der materielle Gewinn aus der strafbaren Handlung entzogen und der Anreiz genommen werden, sich durch Preismanipulationen zu Lasten Dritter ungerechtfertigt zu bereichern. Unrichtig war jedoch, daß ein Gericht gegenüber einer Verkäuferin die Einziehung des Mehrerlöses anordnete, den sie durch überhöhte Preise erzielt und der Einnahme der Verkaufsstelle zugeführt hatte. Wird der Mehrerlös durch eine Verkaufskraft zugunsten des Betriebes vereinnahmt, so erlangt der Betrieb, wenn auch ungewollt, an diesem Betrag Eigentum; infolgedessen kann die Verkaufskraft als Täter des Preisverstoßes nicht zur Abführung des Mehrerlöses verurteilt werden9. Fehlerhaft ist aber auch, den Mehrerlös von einem am Strafverfahren nicht beteiligten Bürger oder einem Betrieb einzuziehen, auch wenn diesem der Mehrbetrag unmittelbar zugeflossen ist. In dem zuletzt genannten Beispiel ist dem Betrieb zwar der durch die Preismanipulationen der Verkäuferin erzielte Mehrbetrag zugeflossen; dadurch ist der Betrieb aber nicht zum Beteiligten des Strafverfahrens geworden, wenn er auch ungewollt Nutznießer der strafbaren Handlung wurde. Die Anwendung gerichtlicher Zwangsmaßnahmen gegen einen am Strafverfahren nicht beteiligten Dritten ist im Strafrecht der DDR nur in den im Gesetz bestimmten Ausnahmefällen zulässig. Eine solche Bestimmung enthält die PrStrVO jedoch nicht. Die Einziehung des Mehrerlöses von einem Dritten innerhalb des gegen 6 So auch OG, Urteil vom 16. April 1964 2 Ust 9/64 (nicht 8 Wer Tätter ist, hat das Oberste Gericht im Urteil vom 30. Noveröffentlicht). vember 1964 3 Ust 38'64 - ausgesprochen. Das Urteil ist in 7 Vgl. OG, Urteile vom 20. März. 1964 - 2 Ust 7/64 - NJ 1964 diesem Heft auszugsweise abgedruckt. S. 318, und vom 30. Oktober 1964 - 2 Ust 24/64 (nicht verüf- 9 Vgl. OG, Urteil vom 28. Januar 1964 4 Zst 1/64 - NJ 1964 fenllicht). S. 345. 169;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ist verpflichtet, zur Erfüllung seiner Aufgaben eng mit den am Strafverfahren beteiligten Organen zusammenzuarbeiten, die Weisungen der beteiligten Organe über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Unter uchungshaf ans alten Staatssicherheit und den dazu erlassenen Ordnungen und Anweisungen des Leiters der Abteilung Staatssicherheit Berlin und dar Leiter der Abteilungen der Besirlss Verwaltungen, für den Tollaug der Unier srachugsfaafb und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit darstellen. In den Ausführungen dieser Arbeit wird auf die Aufgaben des Untersuchungshaftvollzuges des Ministerium für Staate Sicherheit, die äußeren Angriffe des Gegners gegen die Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - die Geiselnahme als terroristische Methode in diesem Kampf Mögliche Formen, Begehungsweisen und Zielstellungen der Geiselnahme Einige Aspekte der sich daraus ergebenden politisch-operativen Konsequenzen. In Rahnen der Lösung dieser und weiterer Aufgabenstellungen zur vorbeugenden und möglichst schadensverhütenden sowie eine gesellschaftsgemüöe Entwicklung der Jugend der sichernde und fördernde Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung aller subversiven Angriffe des Feindes. Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Lösung dieser Hauptaufgabe ist die ständige Qualifizierung der Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge Analysierung der Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge im Verantwortungsbereich sowie die Festlegung erforderlicher Maßnahmen Gewährleistung der ständigen Einflußnahme auf die zielstrebige Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge, insbesondere zum Nachweis von Staatsverbrechen; Einschränkung, Zurückdrängung und Paralysierung der subversiven Tätigkeit feindlicher Stellen und Kräfte an ihren Ausgangspunkten und -basen; Erarbeitung von Informationen zur ständigen Einschätzung und Beherrschung der Lage, besonders in den Schwerpunkten des Sicherungsbereiches. Die Lösung von Aufgaben der operativen Personenaufklärung und operativen Personenkontrolle zur Klärung der Frage Wer sätzlichen aus der Richtlinie und nossen Minister. ist wer? ergeben sich im grund-er Dienstanweisung des Ge-. Diese Aufgabenstellungen, bezogen auf die Klärung der Frage Wer ist wer? auch langfristig zu planen. Das heißt, daß diese Problematik auch in den Perspektivplänen der Diensteinheiten ihren Hiederschlag finden muß.

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