Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 629

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 629 (NJ DDR 1956, S. 629); Form einer gewaltsamen Auseinandersetzung, eines offenen Zusammenstoßes, annehmen. „Der Antagonismus ist eine der Formen des Kampfes der Gegensätze, doch nicht seine allgemeine Form. Die Geschichte der Menschheit kennt den Antagonismus zwischen Klassen, der eine spezifische Erscheinungsform des Kampfes der Gegensätze darstellt. Wenn man vom Widerspruch zwischen der Klasse der Ausbeuter und der Klasse der Ausgebeuteten spricht, so leben in der Sklavenhaltergesellschaft, ebenso wie in der feudalen und der kapitalistischen Gesellschaft, diese beiden einander gegenüberstehenden Klassen lange Zeit hindurch in einer einheitlichen Gesellschaft nebeneinander. Sie führen einen Kampf gegeneinander; doch erst dann, wenn die Entwicklung des Widerspruches zwischen ihnen ein bestimmtes Stadium erreicht, nimmt dieser Kampf die Form des un verhüllten Antagonismus an, der im Prozeß seiner Entwicklung in die Revolution übergeht. Auf ähnliche Weise vollzieht sich in der Klassengesellschaft der Übergang vom Frieden zum Krieg. ln der Bombe bestehen bis zu ihrer Explosion die Gegensätze infolge bestimmter Bedingungen zeitweilig in einer Einheit nebeneinander, und erst beim Eintreten neuer Bedingungen erfolgt die Explosion.“i2) Nicht anders ist es beim Verbrechen. Im Hinblick auf bestimmte Forderungen oder Interessen befindet sich das Bewußtsein eines Menschen im Widerspruch zu den Interessen der Gesellschaft bzw. der herrschenden Klasse. Nehmen wir unsere Gesellschaft: Ein Bürger, der solche im Widerspruch zu dem sich auf der Grundlage der sozialistischen Produktionsverhältnisse entwickelnden Bewußtsein stehenden Vorstellungen, Wünsche und Neigungen hat, kann friedlich in unserer Gesellschaft leben und arbeiten. Der Widerspruch kann z. B. gelöst oder überwunden werden durch die Methode der Überzeugung. Es können aber auch Umstände und Bedingungen eintreten, die den Kampf dieser Widersprüche die Form des offenen Antagonismus annehmen lassen. Ein Mensch, der das sozialistische Eigentum nicht achtet, wird durch Gelegenheit zum Dieb. Ein Mensch, der noch kein rechtes Vertrauen zu unserer Entwicklung hat, wird infolge von Verärgerung oder Verleitung unserer Feinde unter Mitnahme seines Personalausweises republikflüchtig. Diese Beispiele lassen sich beliebig fortsetzen. Das Verbrechen ist nach meiner Auffassung und insofern muß ich Streit widersprechen immer Ausdruck eines Antagonismus. Es ist die antagonistische Form des Kampfes der Widersprüche. Welche Widersprüche des gesellschaftlichen Lebens für den Kampf der Widersprüche im Bewußtsein ursächlich waren, welchen Charakter sie trugen und welcher Widerspruch zum Hauptwiderspruch wurde, ist eine andere Frage und muß von Fall zu Fall bei der Untersuchung einzelner Straftaten immer erneut festgestellt werden. Von diesen Feststellungen hängt jedoch im wesentlichen Art und Höhe der Strafe oder die sonst zu treffende Maßnahme ab. Wie bereits ausgeführt, werden bestimmte Klassenkampfhandlungen von der herrschenden Klasse zum Staatsverbrechen erklärt. Für andere strafbare Handlungen ist der Klassenkampf entweder direkt oder mehr indirekt ursächlich. Man kann daher Streit keineswegs beipflichten, wenn er sagt, daß Verbrechen von Angehörigen der Arbeiter- und Bauernklasse, die keine Feinde der Arbeiter-und-Bauern-Macht sind, nicht den Klassenkampf zum Ausdruck bringen könnten. Beliebige Beispiele aus der Gerichtspraxis können das erhärten. Wenn z. B. ein sonst gut arbeitender junger Werktätiger nach Westberlin fährt, um sich dort Nietenhosen zu kaufen, oder eine Rentnerin Hühnereier dorthin verschiebt, so ist dies überhaupt nur möglich, weil von den imperialistischen Mächten in ihrem gegen die sozialistische Entwicklung der Deutschen Demokratischen Republik gerichteten Klassenkampf Deutschland gespalten, die Separatwährung eingeführt und Westberlin zu einem Brückenkopf ausgebaut wurde. Einem Buntmetalldiebstahl lagen z. B. die in Westberlin bezahlten Überpreise zugrunde usw. % Aber die Klassenkampfhandlungen unserer Feinde bilden nicht die alleinige Ursache für die genannten 12) Mao Tse-tung: Uber den Widerspruch, Dietz Verlag, Berlin 1954, S. 61. Straftaten. Wenn junge Menschen sich in Westberlin modische Artikel kaufen und damit gegen unsere Gesetze über den Zahlungsverkehr verstoßen, so liegt dies u. a. auch daran, daß das Warenangebot bei uns noch nicht in jeder Hinsicht dem Bedarf der Bevölkerung entspricht, ebenso, wie uns unsere gegenwärtige Rentenregelung noch nicht befriedigt. Meines Erachtens kommt hier der Widerspruch zwischen den ständig wachsenden Bedürfnissen und dem hinter diesem zurückbleibenden Entwicklungsstand der Produktivkräfte zum Ausdruck. Im Falle der Straffälligkeit von Jugendlichen tritt noch deren besondere Labilität und Beeinflußbarkeit hinzu, die unabhängig von der Klassengesellschaft existiert. Streit ist voll beizupflichten, wenn er darauf hinweist, daß auch unserer Gesellschaftsordnung spezifische Widersprüche innewohnen, daß gewisse Unzulänglichkeiten, die in unserer eigenen Entwicklung liegen, auch ursächlich für strafbare Handlungen sein können und daß der ständige Hinweis auf die kapitalistische Vergangenheit unter Umständen geeignet ist, uns an der kritischen Aufdeckung und Beseitigung unserer eigenen Schwächen zu hindern. Es kann durchaus Vorkommen und kam auch vor, daß gutwillige, fortschrittliche Menschen vor Aufgaben gestellt wurden, die sie trotz ihrer Bereitschaft objektiv nicht bewältigen konnten, in Schwierigkeiten gerieten und schließlich straffällig wurden. Hier kann uns der allgemeine Hinweis auf die Reste bürgerlich-kapitalistischer Denkweise nicht weiterhelfen. Wie verhält es sich bei den Fahrlässigkeitstaten? Inwieweit übt hier der Klassenkampf seinen Einfluß aus? Unachtsamkeit und Leichtsinn können durchaus als Folge von Gleichgültigkeit gegenüber den bei uns mit Rechtsschutz versehenen Objekten auftreten, die ihrerseits wieder ihre Ursache in der Beeinflussung durch feindliche Propaganda hat, so z. B., wenn ein Werktätiger häufig Hetzsender hört und dadurch nicht an den Erfolg unserer wirtschaftlichen Aufbauarbeit glaubt. Dies muß aber nicht der Fall sein. Dazu folgender Fall aus meiner gerichtlichen Praxis: Eine junge Frau hatte während des überaus starken Frostes den einzigen Ofen ihrer Wohnlaube überheizt, um zu verhindern, daß sich ihr 1% jähriges Kind erkältet oder gar Frostschäden erleidet. Ebenfalls aus übergroßer Vorsorge hatte sie mehrere mit alten Stoffresten umwickelte Gärballons in die Nähe des Ofens geschoben. Durch auf die Stoffreste fallende Glut entstand ein Schwelbrand, und das Kind erstickte an den sich entwickelnden Gasen. Diese Frau mußte wegen fahrlässiger Tötung bestraft werden. Ihre Handlung läßt sich zwar, wenn auch sehr weit hergeholt, auf das Bestehen der Klassengesellschaft zurückführen. Ohne kapitalistische Vergangenheit und Krieg hätte die Frau keine Sommerlaube zu bewohnen brauchen. Unserer gesellschaftlichen Entwicklung feindliche Bestrebungen habe ich jedoch nicht entdecken können. Daß es außerhalb der Klassengesellschaft Leichtsinn und Unachtsamkeit nicht mehr geben wird, wage ich nicht zu behaupten. Mir ist klar, daß zu einer endgültigen Klärung der aufgeworfenen Fragen noch einige Untersuchungen erforderlich sind. Mir kam es darauf an, zu zeigen, daß niemandem geholfen ist, wenn, wie z. B. Kühlig und Schwarz dies tun, u. a. Sittlichkeitsdelikte summarisdi als Folge imperialistischer Propaganda abgetan werden. Daß gewisse, heute Deliktscharakter tragende Handlungen, die schon vor der Klassenspaltung der Gesellschaft vorkamen und gesellschaftliche Ächtung zur Folge hatten, wie z. B. die Blutschande, nicht Ausdruck des Klassenkampfes zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten sein können, ist doch logisch, wenn auch einleuchtet, daß ihr Entstehen durch die in der Klassengesellschaft herrschenden Verhältnisse begünstigt wird. Die gesellschaftliche Verurteilung derartiger Handlungen, die offenbar nicht nur den Interessen der herrschenden Klasse, sondern der gesamten Gesellschaft zuwiderlaufen, könnte demnach nur als Ausdruck der allgemeinen menschlichen Entwicklung gewertet werden. Es ist zu hoffen, daß in der weiteren Diskussion auch die von mir angeschnittenen Fragen geklärt werden können. 629;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 629 (NJ DDR 1956, S. 629) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 629 (NJ DDR 1956, S. 629)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten sind in ihren Verantwortungsbereichen voll verantwortlich Tür die politisch-operative Auswertungsund Informationstätigkeit, vor allem zur Sicherung einer lückenlosen Erfassung, Speicherung und Auswertung unter Nutzung der im Ministerium für Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner Vertrauliche Verschlußsache - Plache, Pönitz, Scholz, Kärsten, Kunze Erfordernisse und Wege der weiteren Vervollkommnung der rechtlichen Grundlagen sowie der weisungs- und befehlsmäßig einheitlichen Regelung des Untersuchungshaftvollzuges. Bei der Realisierung der Vollzugsprozesse der Untersuchungshaft im Staatssicherheit sowie bei der Gewährleistung der territorialen Integrität der sowie der Unverletzlichkeit ihrer Staatsgrenze zur und zu Westberlin und ihrer Seegrenze Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und wirksamen Bekämpfung der Feinetätigkeit und zur Gewährleistuna des zuverlässigen Schutzes der Staat-liehen Sicherheit unter allen Lagebedingungen. In Einordnung in die Hauptaufgabe Staatssicherheit ist der Vollzug der Untersuchungshaft im Staatssicherheit erfolgst unter konsequenter Beachtung der allgemeingültigen Grundsätze für alle am Strafverfahren beteiligten staatlichen Organe und anderen Verfahrensbeteiligten. Diese in der Verfassung der und im in der Strafprozeßordnung , im und weiter ausgestalteten und rechtlich vsr bindlich fixierten Grundsätze, wie zum Beispiel Humanismus; Achtung der Würde des Menschen, seiner Freiheit und seiner Rechte und die Beschränkung der unumgänglichen Maßnahme auf die aus den Erfordernissen der Gefahren-äbwehr im Interesse der Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinreichend geklärt werden, darf keine diesbezügliche Handlung feindlich-negativer Kräfte latent bleiben. Zweitens wird dadurch bewirkt, daß intensive Ermittlungshandlungen und strafprozessuale Zwangsmaßnahmen dann unterbleiben können, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten empirischen Untersuchungen für die Währung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, e,pschaftlichkeit und Gesetzlich!:eit als Schwerpunkte erwfesen - die sichiere Beherrschung der strafverf aürensr echtliclien. Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Annahmen, Vermutungen und Hoffnungen zahlen auch hier nicht. Deswegen werden die im Operativvorgang erarbeiteten Beweismittel verantwortungsbewußt und unvoreingenommen geprüft.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X