Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 501

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 501 (NJ DDR 1956, S. 501); stärkerem Schutz der Rechte und Interessen unserer Bürger. Durch solches Handeln verlieren die Bürger das Vertrauen zu unseren Staatsorganen. Falsche Ansichten bestehen bei den Mitarbeitern der Abteilungen K und VE teilweise noch über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zur Klärung eines Sachverhalts. Sie meinen, die Einleitung eines solchen Verfahrens sei nur dann möglich, wenn eine strafbare Handlung vorliegt, jedoch der Täter nicht bekannt ist. Oft aber ist die Person bekannt, es muß jedoch erst geklärt werden, ob eine strafbare Handlung vorliegt. So gelagerte Fälle gibt es häufig bei Wirtschafts-, Untreue-, Betrugs- und Unterschlagungsdelikten. Sofern in diesen Fällen nicht bei Prüfung der Anzeige und vor der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ohne Zeugenvernehmung, Sachverständigen-Gut-achten, Durchsuchungen usw. geklärt werden kann, ob eine strafbare Handlung vorliegt, muß ein Verfahren z. B. wegen Verdachts des Betruges eingeleitet und diese Ermittlungshandlungen durchgeführt werden. In solchen Fällen kein Ermittlungsverfahren einzuleiten und die Zeugen „informatorisch“ zu befragen, die Befragung auf einem neutralen Bogen aufzunehmen und den Zeugen unterschreiben zu lassen, ist falsch. Es ist ein Verstoß gegen die Strafprozeßordnung. Diese Art „Protokolle“ haben keinerlei Beweiswert. Eine solche Arbeitsweise führt auch dazu, daß trotz Vorliegens strafbarer Handlungen das Verfahren ohne gründliche Klärung des Sachverhalts und unter falscher Bezugnahme auf den materiellen Verbrechensbegriff eingestellt wird. Ergibt sich nach Einleitung des Ermittlungsverfahrens und nach der Führung von Ermittlungen unter Beachtung strafprozessualer Formen, daß die Gesellschaftsgefährlichkeit der Handlung gering ist, so müssen dennoch weitere Ermittlungen zur Persönlichkeit des Täters und über den Grad der Schuld geführt werden. Erst wenn auch hierüber Feststellungen vorliegen, kann der K- und VE-Leiter den vorliegenden Sachverhalt vollständig einschätzen und entscheiden, ob unter Beachtung des materiellen Verbrechensbegriffs eine Einstellung des Verfahrens nach § 158 StPO möglich ist. Die Ansicht, daß eine spätere Einstellung dieser Verfahren die vorangegangene Ermittlungstätigkeit als „Ausschuß“-Arbeit kennzeichne, muß entschieden abgelehnt werden. Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen eine bestimmte Person greift tief in die Rechte und Interessen des Bürgers ein. Sie kann dazu führen, daß seine Wohnung durchsucht wird, daß er als Beschuldigter vernommen und je nach der Schwere der strafbaren Handlung, der er verdächtig ist, möglicherweise auch festgenommen wird. Hier müssen also erhöhte Anforderungen an die Tatsachen gestellt werden, die die strafbare Handlung begründen und den Verdacht auf diese Person lenken. Kann in Ausnahmefällen nur die Vernehmung des Beschuldigten dazu 'führen, den Verdacht zu entkräften oder weitere Tatsachen für das Vorliegen des Verdachts zu sammeln, so ist ein Ermittlungsverfahren auch auf die Gefahr hin einzuleiten, daß es unter Umständen eingestellt werden muß. Auch hier kann niemand bei Nachweis sorgfältigen Handelns auf die Idee kommen, eine solche der Einstellung vorangegangene Ermittlungsarbeit als „Ausschuß“ anzusehen. Vor Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen eine Person ist sorgfältig zu prüfen, ob wirklich im materiellen Sinne ein Verbrechen vorliegt. Wenn der Sachverhalt eine dahingehende Einschätzung zuläßt, ist in solchen Fällen, in denen die Handlung nur scheinbar den Tatbestand eines Verbrechens erfüllt, nicht aber gesellschaftsgefährlich ist, mit entsprechender Begründung von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Abstand zu nehmen. Diese Begründung hat der Leiter des jeweiligen Untersuchungsorgans zu protokollieren und zu unterschreiben. Eine solche Verfügung kann nur vom Leiter der Abteilung K, VE oder U getroffen werden. So war es z. B. richtig, daß der U-Leiter eines Kreises die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit Hinblick auf den materiellen Verbrechensbegriff in folgendem Fall ablehnte: In einem Kindergarten war einer Kindergärtnerin ein Handtuch gestohlen worden. Durch die Ermittlungen der Kriminalpolizei wurde als Täter die Reinigungsfrau festgestellt, die bisher wegen Diebstahls nicht in Erscheinung getreten war. Der Wert des entwendeten Handtuchs betrug 5 DM; weitere Diebstähle waren im Kindergarten nicht begangen worden. Zu Unrecht wurde dagegen im folgenden Fall die Einleitung nach § 106 StPO abgelehnt: In N. wurde der Diebstahl einer Geldbörse, die 12 DM enthielt, angezeigt. Die Geldbörse war von der Geschädigten in ihrer Wohnung auf eine Bank gelegt worden, und als sie sie später an sich nehmen wollte, war sie verschwunden. Ermittlungen der K ergaben, daß ein z. Z. im Hause arbeitender Maler den Diebstahl ausgeführt hatte. Dieser hatte bereits 1946 einen Diebstahl begangen. Von dem gestohlenen Geld hatte er z. Z. der Feststellungen zwei DM verbraucht. Mit dieser Entscheidung wird dem Täter, der be-bereits wegen Diebstahls angefallen war und bei der Wegnahme der Börse nicht wußte, daß sich in ihr nur 12 DM befanden, bescheinigt, daß er keine strafbare Handlung begangen hat. Das aber wirkt nicht Verbrechen verhütend, sondern führt zur Entwicklung von Dieben. Hier wäre es unbedingt notwendig gewesen, ein Verfahren einzuleiten und dem Täter unmißverständlich zu sagen, daß seine Handlung nicht gebilligt wird. Unter Umständen wäre die Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO (alt) tragbar gewesen, wobei die notwendige Belehrung durch den Staatsanwalt hätte erfolgen müssen. Wenn auch bei den Ermittlungsverfahren gegen eine Person die meisten Einstellungen nach § 158 I Ziff. 1 StPO darauf beruhen, daß der angegebene Sachverhalt nicht stimmt, ein Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt ist und deshalb keine strafbare Handlung vorliegt, so gibt es aber auch hier Einstellungen auf Grund einer falschen Anwendung des materiellen Verbrechensbegriffes. Auch hierfür ein Beispiel: In einer Konsumverkaufsstelle in C. wurde einer Verkäuferin ein silberner Drehbleistift im Werte von 10 DM und einem Verkäufer ein Feuerzeug im Werte von 3 DM gestohlen. Als Täter wurde ein 22jäh'riger Arbeiter ermittelt, der bisher wegen Diebstahls nicht straffällig geworden war. Er hatte den Drehbleistift bereits für 5 DM weiter verkauft. In der Einstellung dieses Verfahrens, die nicht gerechtfertigt ist, zeigt sich die Tendenz, die kleine Kriminalität durch Ignorieren aus der Welt schaffen zu wollen. Die Strafverfolgungsorgane geben in solchen Fällen die Möglichkeit aus der Hand, erzieherisch auf die kleinen Rechtsbrecher einzuwirken; das aber ermuntert diese dazu, sich zu größeren Verbrechern zu entwickeln. In derartigen Fällen wird man künftig Anklage erheben und nach Durchführung der Hauptverhandlung einen öffentlichen Tadel aussprechen müssen. So lange uns eine solche Vorschrift noch fehlt, wird zum Teil die Einstellung nach § 153 StPO (alt) die richtige Entscheidung sein. Hier hat der Staatsanwalt die Möglichkeit, durch Rücksprache erzieherisch auf den Täter einzuwirken und es entsteht nicht der Eindruck, daß dieser mit staatlicher Billigung stehlen kann. Berechtigt war dagegen die Einstellung nach § 158 StPO in folgendem Fall: In der VEAB Sch. hatte ein 41jähriger Arbeiter 3 kg Abfallgetreide gestohlen und war bei einer Torkontrolle mit dem Getreide in der Aktentasche gestellt worden. Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren ergab eindeutig, daß er zum erstenmal Getreide gestohlen hatte. Er wollte es als Futter für seine Hühner verwenden, die er sich kurze Zeit vor dem Diebstahl angeschafft hatte. Ähnliche Diebstähle waren bisher in dieser VEAB nicht aufgetreten. Der Täter war nicht vorbestraft und ein guter Arbeiter. Warum durfte in diesem Falle nach § 158 I Ziff. 1 StPO eingestellt werden? Weil die berechtigte und notwendige Durchführung des Ermittlungsverfahrens nach folgenden 4 Richtungen hin zuverlässige Klarheit geschaffen hatte: der Täter hatte keine weiteren strafbaren Handlungen begangen; 501;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 501 (NJ DDR 1956, S. 501) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 501 (NJ DDR 1956, S. 501)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat der Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren zu dienen. Die Feststellung der Wahrheit ist ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens, heißt es in der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. Untersuchungshaftvollzugsordnung -. Ifläh sbafij.ng ; Änderung vom Äderung. Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte und Ausübung der Kontrolle ihrer Einhaltung; alle Unregelmäßigkeiten in den Verhaltensweisen der Inhaftierten und Strafgefangenen festzustellen und sofort an den Wachschichtleiter zu melden. Die Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung , die Änderung zur Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvollzugsordnung , die Änderung zur Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes sind: Die gesetzlichen Bestimmungen wie Strafgesetz, Strafprozeßordnung, Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz; Befehle und Anweisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Leiters der Bezirksverwaltungen Verwaltungen und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmurigen der Untersuchungshaftvollzugsordnung -UHV in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit vom Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit , Ausfertigung V: Gemeinsame Festlegung der Leiser des Zentralen Medizinisehen Dienstes, der Hauptabteilung und der Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Gemeinsame Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der Hauptabteilung und der Abteilung zur Sicherstellung des Gesundheitsschutzes und der medizinischen Betreuung Verhafteter und Strafgefangener in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit.

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