Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 274

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 274 (NJ DDR 1956, S. 274); fer Ersatz für Aufwendungen, Beschädigungen der Sache und für die Gebrauchsüberlassung zu verlangen. Die kapitalistischen Abzahlungshändler haben nun mit Hilfe des § 2 den § 1 des Gesetzes aus den Angeln gehoben. Oft wartet der Verkäufer mit der Ausübung des Rücktrittsrechts, das für alle möglichen Vertragsverletzungen des Käufers vorgesehen ist, solange, bis er infolge seiner Gegenansprüche nach § 2 des Gesetzes beim Rücktritt nichts mehr herauszugeben braucht. Bley bestätigt 27), daß diese Praxis durchaus nicht vereinzelt ist. Bezeichnend sind auch die Verkaufsbedingungen einer Radiofirma, in denen es wegen der Berechnung der Wertminderung nach § 2 des Abzahlungsgesetzes heißt: „Für die Wertminderung gelten folgende Sätze: Für den ersten Monat 30 Prozent des Verkaufpreises. Für die nächsten 2 Monate je 10 Prozent des Verkaufspreises, für jeden weiteren Monat je 5 Prozent des Verkaufspreises. Vorstehende Sätze verstehen sich für den reinen Apparatepreis. Röhren werden innerhalb der ersten 6 Monate mit 20 Prozent, nach 6 Monaten mit 10 Prozent des Verkaufspreises angerechnet.“28) Durch raffinierte Textanordnung ist gesichert, daß der nichtsahnende Käufer trotz an sich einwandfreier Formulierung des Textes irregeführt wird: die 30% für den Apparatepreis werden abgerechnet, die 20% für die Röhren werden a n gerechnet, d. h. die Röhren werden zu 80 bzw. 90% abgerechnet! Kauft der Kunde hiernach ein Rundfunkgerät zum Preise von 500 Mark (davon 250 Mark als Röhrenpreis), so wäre, wenn der Verkäufer innerhalb von zwei Wochen nach Vertragsabschluß vom Vertrag zurücktritt, für den Apparat eine Wertminderung von 30% = 150 Mark und für die Röhren 200 Mark (= 80%), insgesamt also 350 Mark als Wertminderung zu berechnen. Der Käufer müßte den noch fast neuwertigen Apparat zurückgeben und verlöre ferner 350 Mark. Da in derartigen Fällen der Verkäufer den Apparat erneut verkaufen würde, kann man sich leicht ausrechnen, welch einträgliches Geschäft hier auf Kosten der Käufer gemacht wird. Und das geschieht, obwohl § 1 des Gesetzes den Käufer vor dem gleichzeitigen Verlust von Geld und Ware schützen sollte! 2. Sind bereits beim einfachen Abzahlungskauf die Gefahren für den Käufer, Geld und Ware zu verlieren, groß genug, so verdoppelt sich diese Gefahr, wenn eine Finanzierungsbank eingeschaltet wird, die dem Käufer gegen Sicherungsübereignung der gekauften Ware den benötigten Kredit gewährt. Bei Einschaltung einer Finanzierungsbank wendet sich der Käufer direkt oder unter Vermittlung des Verkäufers an die Bank und beantragt die Kreditgewährung. Aus dieser engen Verknüpfung von Abzahlungsvertrag und Darlehnsvertrag ergeben sich eine Vielzahl von rechtlichen Problemen, über die der Käufer nicht orientiert ist: Darf der Käufer die Raten an den Verkäufer zahlen oder muß er stets an die Bank leisten? Darf er bei festgestellten Qualitätsmängeln die Ware an den Verkäufer zurückgeben? Darf er bei Qualitätsmängeln im Einverständnis des Verkäufers die Ratenzahlung einstellen? Das sind Fragen, in denen sich der Käufer regelmäßig nicht zurechtfindet, zumal auch in der westdeutschen juristischen Literatur hierüber die verschiedensten Ansichten bestehen. Sehr schnell kann hierbei der Käufer eine Vertragsverletzung begehen und dadurch Geld und Ware verlieren. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 9. Oktober 1951 zutreffend darauf hingewiesen20), daß der Darlehnsvertrag mit der Finanzierungsbank nicht gegen das Abzahlungsgesetz verstoßen darf, sondern im Einklang mit diesem stehen muß, da Darlehnsvertrag und Abzahlungskauf eine wirtschaftliche Einheit bilden. Aus dieser These des BGH ergibt sich, daß jede Rechtshandlung, die der Käufer dem Verkäufer gegenüber vornimmt, auch gegenüber der Bank wirksam sein muß. Die westdeutschen Gerichte gehen diesen allein richtigen Weg jedoch nicht, sondern schützen einseitig die Interessen der Bank, indem sie erklären, daß Einwendungen aus dem Kaufvertrag den Käufer von sei- 27) a. a. O. S. 43. 28) zitiert nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. vom 4. Juli 1952 (NJW 1952, S. 884). 29) NJW 1952 S. 141 = BGHZ Bd. 3 S. 257. ner Verpflichtung zur Ratenzahlung an die Bank nicht befreien* 30). Bei der Kreditgewährung der Bank an den Käufer (sog. Kundenfinanzierung, im Gegensatz zur Absatzfinanzierung, bei der die Bank den Kredit unmittelbar dem Verkäufer gewährt und nur zwischen der Bank und dem Verkäufer Darlehnsbeziehungen entstehen) sichert sich die Bank neben der Sicherungsübereignung der gekauften Ware regelmäßig in der Weise, daß der Einzelhändler, der den Abzahlungskaufvertrag abschließt, der Bank gegenüber die selbstschuldnerische Bürgschaft für die Verbindlichkeiten des Käufers übernehmen muß. Die Bank kann sich somit an den Käufer u n d an den Verkäufer halten, wenn der Käufer den Darlehnsvertrag in irgendeiner Weise verletzt. Diese Praxis der Finanzierungsbanken kennzeichnet noch einmal die labile wirtschaftliche Stellung, die die Einzelhändler in Westdeutschland einnehmen. Besonders die kleineren Einzelhändler werden somit durch das Abzahlungsystem selbst Ausplünderungsobjekt der Banken und der hinter diesen stehenden Monopolisten. Die Finanzierungsbanken schränken ihr Risiko ferner dadurch ein, daß sie sich, gemeinsam mit großen Teilen der Konsumgüterindustrie und des Groß- und Einzelhandels, in der Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) zusammengeschlossen haben. Aufgabe der Schufa ist es, auf Grund ständiger Informationen seitens ihrer Mitglieder über alle in Westdeutschland und Westberlin abgeschlossenen Abzahlungsgeschäfte den kreditierenden Banken Hinweise darüber zu geben, ob ein neuer Kunde kreditwürdig ist31). Dank dieser festgefügten und exakt arbeitenden Organisation sind die Ausfälle der Banken aus Abzahlungsfinanzierungsgeschäften sehr gering. Das sind die allgemeinen Grundsätze, nach denen sich in Westdeutschland die Abzahlungsgeschäfte abwickeln. Diese gedrängte Übersicht über die westdeutsche Abzahlungspraxis vermittelt einen Eindruck davon, wie die Werktätigen mit Hilfe des Zivilrechts, hier des Abzahlungsvertrages, ausgeplündert werden, wie aber auch zugleich die kleineren Einzelhändler32) und zum Teil auch Großhandelsfirmen durch die Banken ausgeplündert und ruiniert werden. Die Abzahlungsgeschäfte spiegeln somit anschaulich das in Westdeutschland wirkende ökonomische Grundgesetz des modernen Kapitalismus wider. III Das Abzahlungswesen wirkt sich in verschiedener Hinsicht auf die Werktätigen nachteilig aus. Zwar versuchen die Apologeten des Kapitalismus, den werktätigen Massen einzureden, daß die Abzahlungsgeschäfte eine unentbehrliche Einrichtung seien, durch die auf die Werktätigen ein wohltuender Sparzwang (!) ausgeübt werde und durch die sich angeblich der Lebensstandard des Volkes erhöhe usw.33). In Wirklichkeit ist das Abzahlungsaystem eine Geißel für die Werktätigen; es bringt meist Not und Elend für die betroffenen Menschen. Die Düsseldorfer Zeitung „Der Fortschritt“ berichtet am 23. Oktober 1953, daß bei der Gelsenkirchener Bergbau AG in 1782 Fällen der Lohnpfändung wegen Teilzahlungsschulden insgesamt eine Summe von 250 000 Mark gepfändet wurde, die sich um weitere 75 000 Mark für die Kosten der gerichtlichen Beitreibung und für Zinsen auf 325 000 Mark erhöhten. Die Sopade3'1) berichtet, daß bei der Rhein-Elbe Bergbau AG im September 1952 1700 Pfändungen gezählt wurden, im Dezember 1953 aber bereits 3400 mit einem Betrage von 525 000 Mark, wobei auf Abzah-lungs- und Anschreibeschulden einschließlich der Kosten 465 900 Mark entfielen. Bley35) erklärt: so) vgl. z. B. Urteil des Landgerichts Essen vom 6. November 1953 (MDR 1954, S. 416). 31) vgl. z. B. TW 1955, S. 123. 32) Das gleiche gilt für die Handwerker, die ihre Dienstleistungen gegen Ratenzahlungen erbringen. 33) vgl. statt vieler Aubele, a. a. O. S. 2. 34) Sopade, September 1954, Nr. 949, S. 54. 35) a. a. O. S. 20. 274;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 274 (NJ DDR 1956, S. 274) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 274 (NJ DDR 1956, S. 274)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendliche. Zum gegnerischen Vorgehen bei der Inspirierung und Organisierung des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher sowie zu wesentlichen Erscheinungsformen gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung verwaltungsrechtlicher und anderer Rechtsvorschriften zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung im Prozeß dar Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Konspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Aufgaben und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit. Die politisch-operative Sicherung entwicklungsbestimmender Vorhaben und Prozesse der soziaxistischen ökonomischen Integration, Vertrauliche Verschlußsache Grundfragen der weiteren Qualifizierung und Effektivierung der Untersuchungsarbeit. Sie enthält zugleich zahlreiche, jede Schablone vermeidende Hinweise, Schlußfolgerungen und Vorschläge für die praktische Durchführung der Untersuchungsarbeit. Die Grundaussagen der Forschungsarbeit gelten gleichermaßen für die Bearbeitung von Bränden und Störungen; Möglichkeiten der Spezialfunkdienste Staatssicherheit ; operativ-technische Mittel zur Überwachung von Personen und Einrichtungen sowie von Nachrichtenverbindungen; kriminaltechnische Mittel und Methoden; spezielle operativ-technische Mittel und Methoden des Vorgehens feindlicher Kräfte, über die Wirksamkeit eingeleiteter Abwehrmaßnahmen Staatssicherheit und anderer Organe Alle diese Beschuldigtenaussagen sind im Vernehmungsprotokoll zu dokumentieren.

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