Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 120

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 120 (NJ DDR 1956, S. 120); Fragen der Anwendung des VESchG und der WStVO*) 1. Die Frage nach der Abgrenzung der Bestimmungen des VESchG von den allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuchs, die das gesellschaftliche Eigentum schützen, ist nach wie vor von außerordentlich aktueller Bedeutung. Für viele Richter ist immer noch eine bestimmte Schadenshöhe, d. h. eine feste Zahlen-grenze meist 1000 DM , das ausschlaggebende Kriterium. Diese Kollegen erkennen richtig, daß die Höhe des Schadens, der dem gesellschaftlichen Eigentum zugefügt wurde, für die juristische Qualifizierung der Handlung des Täters von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Sie übersehen jedoch, daß das Verbrechen nicht bloß e i n Element aufweist, sondern sich aus vier Elementen zusammensetzt, und daß daher die Frage, ob VESchG oder StGB anzuwenden ist, erst dann abschließend beantwortet werden kann, wenn sämtliche Umstände, die mit den einzelnen Verbrechenselementen im Zusammenhang stehen, eingehend geprüft und gewürdigt worden sind. Geht man von diesen Erwägungen aus, dann kann doch kein Zweifel bestehen, daß das VESchG bei Vorliegen entsprechender Umstände in der Person des Täters auch dann Anwendung finden muß, wenn der Betrag, um den das Volkseigentum geschädigt wurde, wesentlich unter 1000 DM liegt. Umgekehrt ist es natürlich möglich, daß das VESchG nicht angewendet werden kann, obwohl die Höhe des Schadens 1000 DM übersteigt. Dies ist in einigen bereits veröffentlichten Entscheidungen zum Ausdruck gekommen. In welcher Weise sollen die Gerichte zu der hier erforderlichen Einschränkung der Person des Täters gelangen? Nicht selten begnügen sie sich mit der formalen Feststellung, es handle sich bei dem Täter um keinen Feind unserer Ordnung, sondern um einen Menschen, der politi ch zurückgeblieben sei. Sie vertreten den Standpunkt, ein Täter, der aus. einer politisch-ideologischen Zurückgebliebenheit heraus gehandelt habe, könne niemals nach dem VESchG bestraft werden. Wollte man aber verlangen, daß der Täter als Feind unseres Staates durch seine Handlung in Erscheinung getreten ist, so würde dies bedeuten, daß das VESchG nur noch auf solche Angeklagte angewendet werden könnte, deren Handlungen etwa den Grad der Gefährlichkeit eines Verbrechens gegen den Staat erreichen. Hier wird verkannt, daß die Beurteilung des Täters weitgehend von der Schwere der Tat abhängt und daß diese ihre Widerspiegelung regelmäßig im Täter selbst findet. Wer dem Volkseigentum schweren Schaden zufügt, zeigt damit, daß er die Gesetze unseres sozialistischen Aufbaus mißachtet; ihn muß die ganze Schärfe unserer demokratischen Gesetze treffen, und zwar auch dann, wenn er als Werktätiger nicht als ein bewußter Feind unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates bezeichnet werden kann. Denn er beweist durch seine Tat, daß er der Arbeiterklasse und den mit ihr verbündeten Klassen und Schichten in den Rücken gefallen ist. Die falsche Auffassung, daß die Höhe des Schadens das allein entscheidende Kriterium sei, wird genährt durch ein Verfahren, wie es im Bezirk Potsdam auf einer Direktorentagung zur Auswertung der Rechtsprechung in Volkseigentumssachen praktiziert wurde. Hier wurde an Hand einiger Beispiele gezeigt, in welchen konkreten Fällen die Anwendung des VESchG falsch gewesen sein sollte. Die Beispiele enthielten jedoch lediglich Angaben, über die bloße Handlung des Täters und die Höhe des dadurch verursachten Schadens. Wie gefährlich sich ein derartiger Schematismus auswirken kann, beweist auch die beim Bezirksgericht Potsdam zu beobachtende Übung, wonach die Anwendung des § 1 WStVO auch als minderschwerer Fall schlechterdings für unzulässig erklärt wird, wenn der Täter nur wenige optische Geräte nach dem Westen verschiebt, da es insoweit an der erforderlichen konkreten Gefährdung i. S. des § 1 WStVO fehle. Die rechtliche Würdigung eines derartig gesellschaftsgefährlichen Verhaltens von solchen' Momenten wie etwa der Stückzahl der verschobenen Gegenstände abhängig zu *) Dem Artikel liegt ein Abschnitt des Diskussionsbeitrages von Hermann auf der Leipziger Konferenz der Richter und Staatsanwälte zugrunde. machen, hieße jedoch, die dialektische Methode der Untersuchung aller Erscheinungen in der Gesellschaft zugunsten eines platten Schematismus aufzugeben. Das Verbringen von wenigen optischen Geräten, ja selbst eines einzigen optischen Geräts, etwa eines besonders wertvollen Zeiß-Erzeugnisses, kann bei der wirtschaftlichen Bedeutung, die derartige Geräte besitzen, durchaus eine Gefährdung i. S. des § 1 WStVO wenn auch evtl, nur minderschwerer Natur (Abs. 2) zur Folge haben. Wenn man bedenkt, welche Mengen an Waren unsere staatlichen Handelsorgane im Wege des Austausches mit Westdeutschland für solche verschobenen optischen Geräte hätten erhalten können, wird man an der Anwendbarkeit der WStVO nicht zweifeln können. 2. § 1 WStVO hat eine sehr wichtige Aufgabe beim Schutz der Warenbewegung zwischen den beiden Teilen Deutschlands zu erfüllen. Davon geht auch die Richtlinie des Obersten Gerichts Nr. 4 aus, wenn sie in Teil III Ziff. 2 feststellt: „Stellt eine gesetzwidrige Warenbewegung keinen Angriff gegen den innerdeutschen Handel dar, so kommen gegebenenfalls die dem Schutze der Planwirtschaft und der Versorgung der Bevölkerung dienenden Strafbestimmungen des § 1 der WStVO . zur Anwendung.“ Nur dann, wenn die von § 1 WStVO geforderte Gefährdung nicht eingetreten und damit der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit geringer ist, kann z. B. die AO über die Warenbegleitscheinpflicht angewendet werden. Sehr häufig wird ein Verbrechen, das nach dem HSchG strafbar ist, zugleich ein Verstoß gegen die Planwirtschaft bzw. die Versorgung der Bevölkerung sein. In derartigen Fällen besteht Tateinheit gern. § 73 StGB, da es sich bei den angegriffenen gesellschaftlichen Verhältnissen zwar um verwandte, nicht aber identi che Objekte handelt. Dies ist keineswegs nur eine theoretische Frage; vielmehr kann die Heranziehung der WStVO von praktischer Bedeutung sein, da dieses Gesetz eine Reihe sonstiger Maßnahmen enthält (z. B. § 14 WStVO), die das H.SchG nicht kennt. 3. In letzter Zeit ist wiederholt festgestellt worden, daß nur ein verschwindend kleiner Teil der Anklagen nach dem VESchG den Tätern Untreue zum Nachteil von gesellschaftlichem Eigentum vorwirft. Mir scheint diese Tatsache nicht allein darauf zu beruhen, daß es dem Staatsanwalt oder später dem Richter in einzelnen Fällen an der notwendigen Parteilichkeit fehlt, um von der scharfen Waffe des § 2 VESchG Gebrauch zu machen. M. E. besitzen viele Staatsanwälte und Richter trotz der guten Anleitung, die das Oberste Gericht für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Untreue gegeben hat (NJ 1953 S. 412 f.) noch nicht die erforderliche Klarheit darüber, wann der Tatbestand der Untreue und wann der der Unterschlagung gegeben ist, welches die maßgebenden Kriterien für die Abgrenzung der beiden Tatbestände sind, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen usw. Hier ergibt sich für die Strafrechtswissenschaftler eine dankbare Aufgabe. Sie können in den häufig recht schwierigen Fällen, die Richtern und Staatsanwälten in ihrer praktischen Tätigkeit begegnen, durch eingehende Analysen der genannten Tatbestände wirksame Hilfe leisten und dadurch zur Verbesserung der Rechtsprechung beitragen. EKKEHARD KERMANN, Richter am Kreisgericht Brandenburg (Band) Der Wettbewerb der Staatlichen Notariate Dem Aufruf zur Teilnahme an dem Wettbewerb der Staatlichen Notariate (NJ 1955 S. 284) folgten die Notare in allen Bezirken. Die anfänglich zum Teil vorhandene Skepsis, die sich vor allem auf die Vergleichbarkeit der Leistungen bezog, wurde bald durch die sichtbaren Erfolge überwunden. Im September, teils auch im Dezember 1955 wurde der Wettbewerb beendet. Allgemein brachte er einen breiten Aufschwung in der politischen und fachlichen Arbeit der Staatlichen Notariate. So wurde ein enger Kontakt mit dem Kreisgericht und dem Kreisstaatsanwalt zur Koordinierung und Verbesserung der Justizaussprachen herbeigeführt. Die Zahl dieser Veranstaltungen und ihre Qualität ist ge- 120;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 120 (NJ DDR 1956, S. 120) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 120 (NJ DDR 1956, S. 120)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit bei dem Vollzug der Untersuchungshaft und dem Umgang mit den Verhafteten, vor allem zur Wahrung der Rechte und zur Durchsetzung ihrer Pflichten, einschließlich der in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Rostock, Schwerin, Potsdam, Dresden, Leipzig und Halle geführt. Der Untersuchungszeitraum umfaßte die Jahie bis Darüber hinaus fanden Aussprachen und Konsultationen mit Leitern und verantwortlichen Mitarbeitern der Abteilung Staatssicherheit und den Abteilungen der Bezirks-VerwaltungenAerwaltungen für Staatssicherheit Anweisung über die grundsätzlichen Aufgaben und die Tätig-keit der Instrukteure der Abteilung Staatssicherheit. Zur Durchsetzung der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, zur Verbesserung der wissenschaftlichen Leitungstätigkeit und der Erhöhung der Sicherheit der Dienstobjekte des Untersuchungshaftvollzuges im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten Operativstäbe zu entfalten. Die Arbeitsbereitschaft der Operativstäbe ist auf Befehl des Ministers für Staatssicherheit auf der Grundlage der Ordnung über die Planung materiell-technischen Bedarfs im Staatssicherheit - Materielle Planungsordnung -. für eine den Anforderungen entsprechende Wartung, Pflege und Instandsetzung zu sorgen.

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