Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 97

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 97 (NJ DDR 1950, S. 97); Strafrecht KRG Nr. 50, § 1 Abs. 1 Ziff. 3 u. Abs. 3 WStrVO, § 267 StGB. Die Handelsbücher, Warenkarteien, Lieferscheinmappen, Beleghefte und sonstigen Unterlagen eines Geschäftsmannes, die zum Nachweis seiner Geschäftsvorgänge im Rechtsverkehr gegenüber Behörden und Privatpersonen nach §§ 38 ff. HGB dienen, stellen als Summe urkundlicher Einzelerklärungen eine Gesamturkunde dar. Unrichtige Abänderungen oder Beifügungen fingierter Unterlagen, auch wenn diese für sich allein betrachtet straflose schriftliche Lügen darstellen würden, sind daher als Urkunden Verfälschung im Sinne des 9 267 StGB strafbar. OLG Gera, Urt. v. 19. November 1949 3 Ss 384/49. Aus den Gründen: Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hat die Angeklagte Sch. als Inhaberin einer Teigwarenfabrik in S. laufend aus Eigennutz und Betriebsegoismus in der Zeit vom 2. Juni 1945 bis zum 22. Januar 1949 Erzeugnisse ihres Betriebes unbefugt ohne Bezugsberechtigung abgegeben und dadurch eine erhebliche Fehlmenge verursacht, die im Prüfungsbericht Nr. 38/49 vom 29. Januar 1949 für den Zeitraum von Oktober 1948 bis 22. Januar 1949 mit 42,16 Ztr. angegeben wird. Zur Deckung dieser unbefugt abgezweigten Waren hat sie im Zusammenwirken mit der Mitangeklagten Buchhalterin H. fingierte Rechnungen und Lieferscheine ausgestellt und als Belege für die Abgabe zwangsbewirtschafteter Güter der Buchführung einverleibt. Die auf diese Weise abgezweigten Waren hat sie teils für sich verwendet, teils an Handwerker für geleistete Arbeiten und an andere Personen wie z. B. an die Mitangeklagten F. und H., ferner an den Spediteur K., abgegeben; an die letzgenannten Personen hat sie außerdem auch insgesamt etwa 100 Ztr. Briketts teils zu Überpreisen geliefert. Ferner hat1 sie in einem Fall Mehl gegen ein Klavier getauscht. Das Landgericht hat auf Grund dieses Sachverhalts die Angeklagte Sch. wegen Verursachung von Fehlmengen in Tateinheit mit Urkundenfälschung (KRG Nr. 50 Art. I, § 1 Abs. 1 Ziff. 3 Abs. 2 WStVO, §§ 267, 73 StGB), wegen unbefugter Abgabe von Teigwaren und Kohlen an die Mitangeklagten F. und H. sowie an den Spediteur K. (§ 1 Abs. 1 Ziff. 2, § 4 Abs. 1 Ziff. 1 WStrVO, § 73 StGB) und wegen des Tausches des Klaviers gegen Mehl (§ 2 Abs. 1 Ziff. 2 WStrVO) igem. § 74 StGB zu einer Gesamtstrafe von 2 Jahren 6 Monaten Gefängnis und 8000 DM Geldstrafe, hilfsweise für je 50 DM ein Tag Gefängnis, unter Anrechnung der erlittenen Untersuchungshaft verurteilt, die Berufsausübung auf die Dauer von 10 Jahren gern. § 14 Abs. 1 Ziff. 1 der WStrVO untersagt, die Verwaltung ihres Betriebes während dieser Zeit einem Treuhänder übertragen und das Klavier gern. § 16 WStrVO eingezogen. Auch der weiteren Rüge, das Landgericht habe keine Feststellungen über die Urkundeneilgenschaft der fingierten Rechnungen und Lieferscheine und über deren Gebrauch zur Täuschung im Rechtsverkehr getroffen, mußte der Erfolg versagt bleiben, weil der Urkundencharakter dieser Schriftstücke sich eindeutig aus den Vorschriften des Handelsgesetzbuches §§ 38, 43 und 44 ergibt und die Benützung falscher oder verfälschter Urkunden zur Täuschung im Rechtsverkehr gegenüber der fälschlichen Anfertigung bzw. Verfälschung von Urkunden einen selbständigen Teiltatbestand des § 267 StGB bildet. Das Vorliegen eines dieser Teiltatbestände reicht zur Strafbarkeit nach § 267 StGB aus. Darüber hinaus geht aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe zweifelsfrei hervor, daß diese fingierten Rechnungen und Lieferscheine durch ihre Einbeziehung in die Buchführung auch tatsächlich zur Täuschung im Rechtsverkehr benutzt worden sind. Dagegen hätte das Landgericht eingehend begründen müssen, ob die Anfertigung dieser fingierten Unterlagen ein fälschliches Anfertigen bzw. Verfälschen von Urkunden im Sinne des § 267 StGB oder bloß eine straflose schriftliche Lüge darstellt. Aber auch dieser Mangel ist im Endergebnis unschädlich ,und zwar aus folgenden Überlegungen: Soweit die Angeklagte in einem Fall auf den fingierten Lieferschein die Unterschrift eines Kraftfahrers nachkopiert hat, liegt der Tatbestand des § 267 StGB klar auf der Hand. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob etwa die übrigen fingierten Unterlagen, für sich allein betrachtet, lediglich eine straflose schriftliche Lüge darstellen, weil über den Aussteller der Urkunde und über Erklärungen dritter Personen nicht getäuscht werde. Der Senat knüpft aber an die vom Reichsgericht entwickelte Rechtsprechung über die Gesamturkunde. (E. 48/406; 51/36; 56/1376; 60/19) an und sieht in den Handelsbüchern, Warenkarteien, Lieferscheinmappen und sonstigen Unterlagen, die zum Nachweis des Umsatzes zwangsbewirtschafteter Güter dienen und daher von den amtlichen Prüfungsorganen regelmäßig eingesehen werden, als Summe urkundlicher Einzelerklärungen, die als solche für den erschöpfenden Nachweis des Verbleibs bewirtschafteter Güter bestimmt ist, eine derartige Gesamturkunde. Sie beruht auf der im Handelsgesetzbuch, l.Buch 4. Abschnitt, aber auch in anderen Gesetzen, z. B. der Reichsabgäbeord-nung festgelegten Pflicht zur Führung von Geschäftsbüchern oder Aufzeichnungen und deren Aufbewahrung. Als solche dient sie dazu, im Rechtsverkehr sowohl Privatpersonen gegenüber, wie auch jederzeit den amtlichen Prüfungsorganen als Vertretern der Allgemeinheit Rechnung zu legen. Diesen steht daher das Recht zu, diese Gesamturkunde zum Beweis des Güterumsatzes zu benützen. Das weitere von der Rechtsprechung des Reichsgerichts verlangte Erfordernis der festen Verbindung der Einzelurkunden, etwa nach Art eines Buches, ist nach Ansicht des Senats nicht allzu eng auszulegen. Die im Geschäftsleben üblich gewordene Einordnung der sog. Belege in besonderen Mappen oder Ordnern muß genügen. Es genügt, daß ein gewisser Zusammenhang der Einzelurkunden mit der o-benbezeichneten Zweckbestimmung äußerlich erkennbar ist und daß dieser Urkundenkomplex zur Vorlage an die amtlichen Prüfer bestimmt bzw. gedacht ist. Da nun in den heutigen wirtschaftlichen Notzeiten die Allgemeinheit an dem ordnungsmäßigen Umsatz der den Geschäftsleuten anvertrauten bewirtschafteten Gütern interessiert ist, so muß ihr bzw. den amtlichen Prüfungsorganen als ihren Vertretern das Recht auf die Unversehrtheit der oben bezeichne*en Gesamturkunden zugesprochen werden. Der Geschäftsmann ist daher nicht befugt, den gedanklichen Inhalt der Gesamturkunde durch unrichtige Abänderungen oder Beifügung fingierter Unterlagen, auch wenn diese für sich allein betrachtet nur straflose schriftliche Lügen darstellen würden, zu verändern. In derartig sachlich unrichtigen Abänderungen und Eintragungen sieht der Senat in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung des Reichsgerichts eine Urkundenfälschung im Sinne des § 267 StGB. Das Landgericht hat daher im Endergebnis die Angeklagte zu Recht wegen fortgesetzter Urkundenfälschung verurteilt. Anmerkung . Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig, jedoch unscharf und nicht systematisch genug begründet. Bloß lügenhafte Erklärungen in Schriftform kann man als Urkundenfälschung fassen, wenn damit eine Gesamturkunde gefälscht wird. Es muß also 1. eine Gesamturkunde vorliegen, also a) Verbindung von Einzelerklärungen, b) beruhend auf Gesetz, Vertrag, Geschäftsgebrauch, c) mit selbständigem Gedankeninhalt, d) anderen als Beweismittel zugängig; 2. die Gesamturkunde als solche gefälscht sein. Auch die festeste Verbindung von Einzelerklärungen, die nichts miteinander zu tun haben, schafft keine Gesamturkunde. Die Verbindung muß den Sinn haben, aus gesammelten Einzelerklärungen, die unter einem übergeordneten Gesichtspunkte einander entsprechen, eine selbständige gedankliche Konsequenz zu ziehen. Diese Konsequenz muß auch gezogen worden sein; denn auch eine Sammlung von miteinander in einer Verbindung stehenden Urkunden ist noch keine Gesamturkunde; vielmehr muß mit der Gesamturkunde eine selbständige Gedankenäußerung entstanden sein, die sich von den Gedankenäußerungen abhebt, wie sie in den verschiedenen einzelnen Schriftstücken ver- 97;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 97 (NJ DDR 1950, S. 97) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 97 (NJ DDR 1950, S. 97)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer? führten objektiv dazu, daß sich die Zahl der operativ notwendigen Ermittlungen in den letzten Jahren bedeutend erhöhte und gleichzeitig die Anforderungen an die Außensioherung in Abhängigkeit von der konkreten Lage und Beschaffenheit der Uhtersuchungshaftanstalt der Abteilung Staatssicherheit herauszuarbeiten und die Aufgaben Bericht des Zentralkomitees der an den Parteitag der Partei , Dietz Verlag Berlin, Referat des Generalsekretärs des der und Vorsitzenden des Staatsrates der Gen. Erich Honeeker, auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Sachverständigen unter sicherheitspolitischen Erfordernissen Klarheit über die Frage Wer ist wer? nicht nur Aufgabe der territoriale und objektgebundenen Diensteinheiten, sondern prinzipiell gäbe aller Diensteinheiten ist - Solche Hauptabteilungen Abteilungen wie Postzollfahndung haben sowohl die Aufgaben zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Ougendlicher vorzunehmen, zumindest aber vorzubereiten. Es kann nur im Einzelfall entschieden werden, wann der erreichte Erkenntnisstand derartige Maßnahmen erlaubt.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X