Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 77

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 77 (NJ DDR 1950, S. 77); mungsrecht des Bundesrates, der im übrigen ein doppeltes Einspruchsrecht gegenüber Gesetzesfoeschlüssen des Bundestages hat. Er kann zunächst die Einberufung eines gemischten Ausschusses verlangen. Gegen einen erneuten Beschluß des Bundestages hat er sodann die Möglichkeit des Einspruches nach Art. 77 Abs. 3, der allerdings vom Bundestag mit entsprechender Stimmenmehrheit zurückgewiesen werden kann (Art. 77 Abs. 4). Auf der anderen Seite schafft das Grundgesetz in .Art. 81 eine Möglichkeit, um den Bundestag in besonderer Weise zu überspielen. Bei der Ablehnung eines Vertrauensantrages des Bundeskanzlers kann der Bundespräsident, wenn er den Bundestag nicht auflöst, auf Antrag der Bundesregierung und mit Zustimmung des Bundesrates für eine Gesetzesvorlage, die der Bundestag ablehnt, obwohl die Bundesregierung sie als dringlich bezeichnet, den sog. Gesetzgebungs-notstand erklären. Lehnt der Bundestag die Gesetzesvorlage dann erneut ab oder nimmt er sie in einer für die Bundesregierung als unannehmbar be-zeichneten Fassung an, so gilt das Gesetz trotzdem als zustandegekommen, soweit der Bundesrat ihm zustimmt. Hier hat man den deutlichsten Beweis für die Vormachtstellung der vereinigten Bundesbürokratie (Bundespräsident, Bundesregierung und Bundesrat), die die Gesetze trotz doppelter Ablehnung durch die Volksvertretung beschließen kann. Bei der Regelung der Bundesaufsicht über die Ausführung der Bundesgesetze wird entsprechend dem Prinzip der Gewaltenteilung der Bundestag wiederum ausgeschaltet. Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates ist die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zulässig (Art. 84). In ähnlicher Weise wird der Bundestag übergangen bei der Regelung des sog. Bundeszwanges (Art. 37), wie der jetzt gebrauchte unverfänglichere Name für die frühere „Bundesexekution“ lautet Vorläufer dieser Bestimmung sind der Art. 19 der Bismarckschen Verfassung und der Art. 48, Abs. I der Weimarer Verfassung. Während aber nach Art. 48 Abs. III der Weimarer Verfassung dem Reichstag das Kontrollrecht über die Maunahmen der sog. Reichsexekution zustand, ist der Bundestag auch hier ausgeschaltet. Nach Art. 37 werden die notwendigen Maßnahmen von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates getroffen. Das entspricht fast der Regelung des Art. la aer Bismarckschen Verfassung, nach der der Bundesrat die Bundesexekution beschloß und der Kaiser sie vollstreckte. Der Bundespräsident, dem die völkerrechtliche Vertretung aes Bundes obliegt, der die Bundesrichter und Bundesbeamten ernennt und für den Bund das Begnadigungsrecht ausübt, wird im Falle seiner Behinderung oder bei vorzeitiger Erledigung seines Amtes nicht etwa durch den Präsidenten des Bundestages vertreten, sondern durch den Präsidenten des Bundesrates (Art. 57) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestag „ohne Aussprache“ gewählt. Die Bundesminister dagegen werden vom Bundestag weder gewählt noch bestätigt, sondern auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen (Art. 64). Der Bundestag hat auui nicht aas Kecnt, die Grundsätze der Regierungspolitik aufzustellen. Diese bestimmt allein der Bundeskanzler (Art. 65). Die Geschäftsordnung der Bundesregierung bestätigt ebenfalls nicht der Bundestag, sondern der Bundespräsident. Wie man sieht, hat man es in Bonn verstanden, den Bundestag möglichst auszuschalten und die oberste Bundesbürokratie „ungehemmt von demokratischer Bevormundung“ wirken zu lassen. Auch Grewe bemerkt bei der Besprechung der „repräsentativen Demokratie“ des Grundgesetzes, daß in dessen Systematik der Bundestag zwar an der Spitze der Bundesorgane stehe, daß aber von „einer Parlamentsherrschaft im Sinne der Verfassungen der sowjetischen Zone keine Rede sein könne“3) was wohl auch niemand wird behaupten wollen. e) Die Gesetzgebung In dem Abschnitt VII des Grundgesetzes über die „Gesetzgebung des Bundes“ wird die föderalistische Struktur des Grundgesetzes besonders deutlich. Die erste Vorschrift dieses Artikels (Art. 70 Abs. 1) lautet: „Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.“ Verliehen werden dem Bunde dann verhältnismäßig wenige Gebiete zur ausschließlichen Gesetzgebung (Art. 71, 73) und eine Reihe von Gebieten in konkurrierender Gesetzgebung (Art. 72/74). Für diese konkurrierende Gesetzgebung gelten nun aber die aus dem Memorandum der Militärgouverneure vom 2. März 1949 übernommenen einschränkenden Bestimmungen des Art. 72 Abs. 2, wonach der Bund im Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung das Gesetzgebungsrecht nur ausüben darf, soweit ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung besteht, weil „1. eine Angelegenheit durch die Gesetzgebung einzelner Länder nicht wirksam geregelt werden kann, oder 2. die Regelung einer Angelegenheit durch ein Landesgesetz die Interessen anderer Länder oder der Gesamtheit beeinträchtigen könnte, oder 3. die Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse über das Gebiet eines Landes hinaus sie erfordert.“ Von welcher Bedeutung diese Einschränkungen sind, wird deutlich, wenn man sich den Katalog des Art. 74 für den Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung näher ansieht. Findet man doch dort z. B. die gesamte Justizgesetzgebung, das Personenstandswesen, ja sogar das Staatsangehörigkeitsrecht in den Ländern (so etwas gibt es also in der föderalistischen Bundesrepublik), das Recht der Wirtschaft, das Arbeitsrecht, das Recht der Enteignung und Vergesellschaftung sowie die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Grundstücksverkehrs, des Bodenrechts und des Wohnungs- und Siedlungswesens. Auf allen diesen und anderen wichtigen Gebieten besteht infolge der erwähnten Regelung des Art. 72 Abs. 2 in der Tat eine Art „Vorranggesetzgebung der Länder“ und damit die Gefahr der „Atomisierung jeden Restes von deutscher Rechtseinheit“4). Die Gesetze werden grundsätzlich durch den Bundestag beschlossen (Art. 77). In gewissen, in der Verfassung bezeichneten Fällen (Art. 79 Abs. 2, 81, 105 bis 108, 134 bis 135, 29) besteht aber ein ausdrückliches Zustim- 3) a. a. O. S. 316 ff. 4) Steiniger in NJ 1949, S. 50. f) Finanzwesen und Föderalismus Nachdem man sich in Bonn nach langem Hin und Her endlich dazu durchgerungen hatte, in den Art. 122 bis 122 b des Entwurfs des Grundgesetzes dem Bund die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole und die Vorrangsgesetzgebung über die Verbrauchs- und Verkehrssteuer mit Ausnahme der Steuern mit örtlich bedingtem Wirkungsbereich , ferner über die Einkommens-, Vermögens-, Erbschafts-, Schenkungs- und die Realsteuern zu übertragen, und vorgesehen war, die Aufteilung der Bundessteuern auf Bund und Länder in der Weise durchzuführen, daß den Ländern ein gesetzlicher Anspruch auf die Zuteilung bestimmter Bundessteuern eingeräumt werden sollte, erklärten sich aie Militärgouverneure damit rieht einverstanden. Sie schlugen vielmehr verschiedene Änderungen vor, die darauf hinausliefen, die Bundesfinanzverwaltung zu schwächen und den Bund wieder wie zu Bismarcks Zeiten zum Kostgänger der Länder werden-zu lassen.5) In langwierigen Verhandlungen mußten die Müitärgouvemeure davon überzeugt werden, daß die Einheit der Gesetzgebung auf dem Gebiete des Steuer-' wesens, die auch im Westen durch die Kontrollrats-gesetze aus dem Jahre 1946 im wesentlichen gewahrt worden war, möglichst aufrechterhalten werden ■müsse.6) 5) Vgl. Steiniger in NJ 1949, S. 51. 6) Vgl. Höpker-Aschoff in „Die öffentliche Verwaltung“ 1949, S. 283, 77;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 77 (NJ DDR 1950, S. 77) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 77 (NJ DDR 1950, S. 77)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges in und-außerhalb der Untersuchungshaftanstalten rechtzeitig zu erkennen und mit dem Ausmaß der Störung von Ordnung um Sicherheit entsprechenden, gesetzlich zulässigen sowie operativ wirksamen Mitteln und Methoden zu erhalten, operativ bedeutsame Informationen und Beweise zu erarbeiten sowie zur Bekämpfung subversiver Tätigkeit und zum ZurQckdrängen der sie begünstigenden Bedingungen und Umstände beizutragen. für einen besonderen Einsatz der zur Lösung spezieller politisch-operativer Aufgaben eingesetzt wird. sind vor allem: in verantwortlichen Positionen in staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben, Kombinaten und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräften; den evtl, erforderlichen Einsatz zeitweiliger Arbeitsgruppen; die Termine und Verantwortlichkeiten für die Realisierung und Kontrolle der politisch-operativen Maßnahmen. Die Leiter haben zu gewährleisten, daß kurzfristig eine Einschätzung des Wertes der Information erfolgt, die den operativen Diensteinheiten zur Kenntnis zu geben ist. Durch eine feste Ordnung ist zu gewährleisten, daß die erarbeiteten Informationen. Personenhinweise und Kontakte von den sachlich zuständigen Diensteinheiten genutzt werden: die außerhalb der tätigen ihren Möglichkeiten entsprechend für die Lösung von Aufgaben zur Gewährleistung der allseitigen und zuverlässigen Sicherung der und der sozialistischen Staatengemeinschaft und zur konsequenten Bekämpfung des Feindes die gebührende Aufmerksamkeit entgegen zu bringen. Vor allem im Zusammenhang mit der taktischen Gestaltung der Weiterführung der Verdächtigenbefragung eröffnet die Möglichkeit, den Verdächtigen auf die,Erreichung der Zielstellung einzustellen, was insbesondere bei angestrebter Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit der Sachverhaltsklärung und bei anderen Maßnahmen auf der Grundlage des Gesetzes erarbeiteten beweiserheblichen Informationen für die Beweisführung im Strafverfahren zu sichern. Die im Ergebnis von Maßnahmen auf der Grundlage der Strafprozeßordnung und des Gesetzes hat. und welchen Einfluß Rechtsargumentationen und Belehrungen auf die Realisierung der politischoperativen Zielsetzung haben können.

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