Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 184

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 184 (NJ DDR 1950, S. 184); ren die Erkenntnis immer mehr durchgesetzt hat, daß die Rechtswissenschaft ein Zweig der Gesellschaftswissenschaft ist und daß es notwendig ist, die auch für die Richterlehrgänge bestehende Gefahr der isolierten formalen Fachausbildung durch eine qualitativ neuartige Gestaltung des Lehrplans der Zweijahresschule abzuwenden. Sie wurden auch deshalb gestellt, weil sich infolge des ungenügenden Einbaus der Gesellschaftswissenschaft in dem Lehrplan für die Einjahreslehrgänge ein Dualismus zwischen dem rechtswissenschaftlichen und dem gesellschaftswissenschaftlichen Unterricht herausgebildet hatte, der bei vielen Schülern eine Zweispurigkeit des Denkens hervorrief, die sich darin zeigt, daß sie die Aufgabe des Fachunterrichts in der Vermittlung formaler Gesetzeskenntnis erblicken und meinen, der gesellschaftswissenschaftliche Unterricht habe, völlig isoliert vom Fachunterricht, die Aufgabe, den politischen Menschen zu bilden. Die Gefahr dieser Zweispurigkeit des Denkens, die sich aus dem beziehungslosen Nebeneinanderherlaufen des rechtswissenschaftlichen und des gesellschaftswissenschaftlichen Unterrichts für manchen Schüler ergibt, läßt z. B. die Antwort eines politisch qualifizierten Schülers eines Lehrgangs in Schandau erkennen, der auf die Frage, was der Staat sei, folgendermaßen antwortet: „Soziologisch gesehen ist der Staat ein Herrschaftsinstrument in den Händen der herrschenden Klasse, juristisch gesehen ist der Staat eine abstrakte Gebietskörperschaft.“ . Im Lehrplan der Zentralen Richterschule ist nunmehr der Versuch gemacht worden, die Erfahrungen der Jahreslehrgänge besonders für den gesellschaftswissenschaftlichen Unterricht und die Forderung nach einer qualitativen Neugestaltung der juristischen Ausbildungslehrgänge in größtmöglichem Umfange zu verwirklichen. Von insgesamt 4600 Unterrichtsstunden in den 86 Ausbildungswochen entfallen auf den gesellschaftswissenschaftlichen Unterricht 1123 Stunden. Das v Verhältnis zwischen gesellschaftswissenschaftlichem und sog. Fachunterricht ist also nunmehr nicht mehr 1 zu 9, sondern 1 zu 4. Bedeutsam ist die Tatsache, daß ein dreimonatiges intensives Studium der Gesellschaftswissenschaft am Anfang der Ausbildung steht. Der gesellschaftswissenschaftliche Unterricht hört aber während der Fachausbildung keineswegs auf. Vielmehr bleibt wöchentlich ein ganzer Unterrichtstag der Vertiefung und Wiederholung der gesellschaftswissenschaftlichen Kenntnisse Vorbehalten. Außerdem hat das Generalseminar das Bestreben, von der gesellschaftswissenschaftlichen Seite her die Brücke zur juristischen Seite der Ausbildung zu schlagen. Wir wissen, daß auch das noch keine endgültige Lösung dieser Frage sein kann. Denn als Ziel einer vorbildlichen Lehrplangestaltung für die juristische Ausbildung muß die Einheit von Gesellschaftswissenschaft und Rechtswissenschaft angestrebt werden, weil die Rechtswissenschaft nur ein Teilgebiet der Gesellschaftswissenschaft ist. Wenn uns also der augenblickliche Stand der Entwicklung noch nicht die Möglichkeit gibt, in einem geschlossenen System die Rechtswissenschaft in allen ihren Gebieten als Gesellschaftswissenschaft zu begründen und somit den Schülern eine neue wissenschaftlich fundierte Rechtstheorie zu übermitteln, die sie später in der Rechtsprechung anwenden können, so ist dennoch im Lehrplan der Zentralen Richterschule versucht worden, die Gesellschaftswissenschaft zum integrierenden Bestandteil der gesamten juristischen Ausbildung zu machen. Dadurch muß es der Zentralen Richterschule der Republik in einem viel größeren Umfange, als es den Jahreslehrgängen möglich war, gelingen, Richter heranzubilden, die eine gründliche Kenntnis von der gesellschaftlichen und historischen Funktion des Rechts besitzen und deshalb befähigt sind, das überkommene Recht einer absterbenden Gesellschaftsordnung, das in anderen materiellen Lebensverhältnissen wurzelt, kritisch anzuwenden und andererseits durch ihre demokratische Rechtsprechung das Recht mit zu entwickeln, das Ausdruck der neuen ökonomischen Struktur unserer Gesellschaft ist. Durch den umfassenden Einbau der Gesellschaftswissenschaft in den Lehrplan der Zweijahresschule soll die Rechtswissenschaft aus ihrer Isolierung in ihren gesellschaftlichen Zusammenhang zurückgeführt und damit die größtmögliche Einheit des Bildungsstoffes erreicht werden. Am Beginn dieses neuen und entscheidenden Abschnittes unseres juristischen Ausbildungswesens muß auf die fruchtbringende gute Zusammenarbeit zwischen dem Ministerium der Justiz und der Verwaltungsakademie „Walter Ulbricht“ hingewiesen werden. Bei der Ausarbeitung des Lehrplans für die Zweijahresschule sind die reichen Erfahrungen von Forst Zinna, besonders auf dem Gebiete der Gesellschaftswissenschaft, in großem Umfange verwertet worden, Richter und Staatsanwälte haben auf der Verwaltungakademie eine wertvolle Fortbildung erhalten. Diese produktive Zusammenarbeit muß weiter gepflegt werden, besonders in der gesellschaftswissenschaftlichen Schulung der Dozenten im rechtswissenschaftlichen Unterricht und in der Planung der wissenschaftlichen Arbeit bei der Entwicklung einer fortschrittlichen Rechtstheorie. Bei der Lösung gerade dieser theoretischen Aufgabe ist der Dozenten- und Schülerschaft der Zentralen Richterschule in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Verwaltungsakademie die Aufgabe gestellt, nicht nur hoch-qualifizierte demokratische Richter und Staatsanwälte auszubilden, sondern von sich aus einen Beitrag zur Entwicklung einer fortschrittlichen, wissenschaftlich fundierten Rechtstheorie zu leisten, auf deren Grundlage eines Tages der auch in der Ausbildung auf der Zentralen Richterschule noch bestehende Dualismus überwunden werden kann. Diese Aufgabe der wissenschaftlichen Arbeit, die Minister Fechner der Zweijahresschule gestellt hat, erweitert das Aufgabengebiet dieser Schule gegenüber den bisherigen Jahreslehrgängen wesentlich. Es erübrigt sich, besonders darauf hinzuweisen, daß mit der Gründung der Zentralen Richterschule nicht etwa der andere Ausbildungweg, nämlich der über die Universität, überflüssig geworden ist. Vielmehr sind durch die umfassende Reform auch des juristischen Studiums an den Universitäten jetzt die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Wettstreit beider Ausbildungsstätten gegeben, der der Steigerung der Leistungen nur dienlich sein kann. Entsprechend dem Lehrplan der Zentralen Richterschule beginnt nunmehr auch das juristische Studium an den Universitäten mit drei Semestern gesellschaftlicher Grundausbildung. Durch den neuen Studienplan, in dem in großem Umfange die Erfahrungen verwertet wurden, die an den Richterschulen hinsichtlich der Qualität der Ausbildung und der Anwendung neuer Unterrichtsmethoden gemacht wurden, sind auch die juristischen Fakultäten befähigt worden, Erziehungsinstitute qualitativ neuer Art zu werden. Zu einer Zusammenarbeit der Zentralen Richterschule der Deutschen Demokratischen Republik mit den juristischen Fakultäten wird es dann kommen, wenn der Forderung Rechnung getragen wird, daß einer bestimmten Anzahl fachlich und gesellschaftlich hochqualifizierter Schüler der Zentralen Richterschule nach Abschluß ihrer Prüfung die Möglichkeit zur Promotion gegeben wird. Diese Forderung ist berechtigt, nachdem die Zentrale Richterschule mit ihrer'intensiven zweijährigen Internatsausbildung und einer Unterrichtsstundenzahl, die über die des Universitätsstudiums hinausgeht, geschaffen worden ist. Ebenso berechtigt ist die Forderung, daß den besten Schülern der Zentralen Richterschule, die in ihrer Ausbildung die Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit bewiesen haben, das Recht gegeben wird, als Hochschullehrer an der Universität tätig zu sein. Die Jahreslehrgänge sind mit der Gründung der Zentralen Richterschule der Deutschen Demokratischen Republik nicht überflüssig geworden, sondern müssen noch eine Zeitlang weiter durchgeführt werden, da der Bedarf der Deutschen Demokratischen Republik an Juristen nach wie vor sehr groß ist. Die statistischen Berechnungen haben ergeben, daß der gegenwärtige Bedarf an Richtern, Staatsanwälten, Verwaltungsjuristen und Rechtsanwälten 1400 bis 1500 beträgt. Wenn die Jahreslehrgänge beibehalten werden, so wird in etwa zwei Jahren, d. h. mit der Beendigung der ersten Lehrgänge der Zentralen Richterschule in Babelsberg, der Zustand erreicht worden sein, daß der Bedarf an Richtern, Staatsanwälten und Verwaltungsangestellten gedeckt werden kann. Es ist nicht zu leugnen, daß das Nebeneinanderbestehen von zwei Richterlehrgängen mit unterschiedlicher Dauer keine ideale Lösung ist. Es ergibt sich aus den Tatsachen die Verpflichtung, noch mehr als bisher dafür Sorge zu tragen, 184;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 184 (NJ DDR 1950, S. 184) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 184 (NJ DDR 1950, S. 184)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der vorhandenen Beweislage, besonders der Ergebnisse der anderen in der gleichen Sache durchgeführten Prüfungshandlungen sowie vorliegender politisch-operativer Arbeitsergebnisse entschieden werden muß. ion zum Befehl des Ministers die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sowie die Beantragung eines Haftbefehls gegen den Beschuldigten jederzeit offiziell und entsprechend den Vorschriften der begründet werden kann. Da die im Verlauf der Bearbeitung von Ernittlungsverfähren des öfteren Situationen zu bewältigen, welche die geforderte Selbstbeherrschung auf eine harte Probe stellen. Solche Situationen sind unter anderem dadurch charakterisiert, daß es Beschuldigte bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und vielfältige, mit der jugendlichen Persönlichkeit im unmittelbaren Zusammenhang stehende spezifische Ursachen und begünstigende Bedingungen zu berücksichtigen sind, hat dabei eine besondere Bedeutung. So entfielen im Zeitraum von bis einschließlich durch die Linie Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfähren -ca der Personen wegen des Verdachts der Begehung. von Staatsverbrechen und - der Personen wegen des Verdachts der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und nach Westberlin verhaftet wurden. Im zunehmenden Maße inspiriert jedoch der Gegner feindlich-negative Kräfte im Innern der dazu, ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung begünstigen. erreicht die Qualität von Straftaten, wenn durch asoziales Verhalten das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung gefährdet werden - Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führt. Durch die Rückgabe der Sache an die konkrete Person würde eine erneute Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit initiiert.

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